Eine Karte der Klänge von Tokio (E 2009)

eine-karte-der-klaenge-von-tokioWer ist Ryu? Die geheimnisvolle Schöne, die des Nachts auf dem Fischmarkt in Tokio arbeitet und den Geruch durch das Einreiben des Körpers mit halbierten Zitronen tüncht, gibt Rätsel auf. Vor allem dem alten Toningenieur (Min Tanaka, „Samurai in der Dämmerung“), einer Zufallsbekanntschaft, die im Off einen schwermütigen Nachruf auf die junge Frau anstimmt. Sie, die bei Spaziergängen über Friedhöfe stets bestimmte Grabsteine säubert, umgibt ein düsteres Geheimnis. Neben dem Zerteilen von Fischen nämlich tötet Ryu Menschen für Geld.

Mit „Eine Karte der Klänge von Tokio“ präsentiert Isabel Coixet („Mein Leben ohne mich“) eine traurige und zugleich sinnliche Ode an die japanische Hauptstadt. Ihr Stammkameramann Jean-Claude Larrieu unterlegt das leise Drama mit betörenden Bildern, die in der dokumentarischen Unmittelbarkeit des urbanen Treibens an die Werke Wong-Kar Wais erinnern. Aber der Film hat auch eine andere Seite, eine verkopfte, die Ryus mysteriöse Aura einer Beziehung öffnet, die durch vage Thriller-Elemente und das früh eröffnete Schicksal der kühlen Killerin altbekannten erzählerischen Motiven folgt.

Ryu, angenehm zurückhaltend verkörpert von Rinko Kikuchi („Babel“), verbindet mit dem Erzähler, dem sie manchmal gewährt, ihre beiläufigen Gespräche aufzuzeichnen, eine meist wortlose Verbundenheit. Sie leisten einander Gesellschaft, ohne sich wirklich nahe zu kommen. Als die Tochter des Geschäftsmannes Nagara (Takeo Nakahara, „Rain Fall“) Selbstmord verübt, gibt dieser ihrem Geliebten, dem spanischen Weinhändler David (Sergi López, „Pans Labyrinth“), die Schuld. Ryu wird angeheuert, ihn zu töten, verbringt jedoch erst den Abend und schließlich auch die Nacht mit ihm.

Zeuge dieser zwangsläufig tragisch endenden Affäre, die sich aus wiederholten erotischen Treffen in einem Stundenhotel speist, wird der Toningenieur. Als entfernter Beobachter stellt er aber meist nur Vermutungen über Beweggründe und Motive an. Ohne Tempo kreist Coixet um das seltsame Paar, das trotz der intimen Nähe und Verbundenheit nie wirklich zueinander findet. Auch dem Betrachter bleibt der emotionale Zugang über weite Strecken versperrt. So weiß zwar die Kulisse Tokios zu faszinieren, ausgerechnet das Aufeinandertreffen der Hauptfiguren vermag das ungeachtet der guten Darsteller aber nicht zu leisten.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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