Mein Leben ohne mich (E/CAN 2003)

mein-leben-ohne-michIsabel Coixet hat mit der Verfilmung ihres Romans „Mein Leben ohne mich“ ein kleines Meisterwerk geschaffen. Feinfühlig und ohne übertriebene Tragik hat sie die Geschichte einer sterbenskranken Frau in wundervolle Bilder verpackt und auch die Traurigkeit der Tragödie zugelassen, ohne durch Kitsch an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ihr Film wurde auf der Berlinale mehrfach ausgezeichnet und erwarb den Gilde-Preis der Filmkunsttheater.

Eine weiße Wand, man vernimmt das Prasseln eines Unwetters. „So fühlt es sich an, wenn man mit geschlossenen Augen im Regen steht.“ Ann (Sarah Polley) ist 23 Jahre alt und lebt in einem Wohnwagen. Sie sieht unscheinbar, aber schön aus und führt ein gewöhnliches Leben. Ihr kleines Heim teilt sie sich mit ihrem Mann (Scott Speedman) und ihren zwei Kindern. Ihrer Mutter gehört der Garten, auf dem ihr Domizil steht. Ann ist mit ihrem Leben zufrieden. Bis sie nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus kommt und ihr ein Tumor in der Gebärmutter und Magengegend diagnostiziert wird.

Ihre Lebenserwartung beträgt lediglich drei Monate. Mit einer unnatürlichen Gelassenheit nimmt sie ihr Schicksal an und versucht in dieser verbleibenden Zeit ihr Leben zu regeln, sich Träume und Wünsche zu erfüllen. Sie stellt eine Liste mit Dingen auf, die sie bis zu ihrem Tode erfüllen möchte. Eine Frau für ihren Mann, außerehelicher Sex, Geburtstagsgrüße auf Tonband für ihre Kinder bis sie 18 sind. Einmal möchte sie zudem noch ihren Vater sehen, denn dieser ist seit 10 Jahren inhaftiert. Niemand soll etwas von ihrer Krankheit erfahren, Ann möchte ihr eigenes Ende finden.

Nach und nach verwirklicht sie die Punkte auf der Liste. Sie lernt in einem Waschsalon den belesenen Lee (Mark Ruffalo) kennen und beginnt mit ihm eine Affäre. In das Haus neben ihrem Wohnwagen zieht eine Krankenschwester ein, die praktischerweise auch Ann heißt. Ann sieht in ihr die potenzielle Ersatzmutter für ihre Kinder. So hakt sie nach und nach verschiedene Punkte ihrer Liste ab, bis am Ende eine weiße Wand steht. „So fühlt es sich an, wenn man stirbt. Man fühlt nichts mehr… man kann nichts mehr fühlen.“

„Mein Leben ohne mich“ ist ein Film, der zum Denken anregt. Man wird quasi gezwungen, über seine eigenen Wünsche nachzudenken und sich auch der Tatsache bewusst zu machen, dass wir jeden Tag auf den Tod zusteuern. Das hört sich zunächst depressiv an, vielleicht auch kitschig oder übertrieben, doch genau das vermittelt einem der Film von Isabel Coixet ganz und gar nicht. Es ist einfach eine Thematik, die ganz anders angefasst wurde. Eine schöne Art, sich mit diesem schweren Thema auseinanderzusetzen und die Nüchternheit mit der Sarah Polley Ann verkörpert, animiert sogar hin und wieder zu herzhaftem Lachen.

Es handelt sich nicht um ein moralisches Fingerzeigen, sondern um ein persönliches Abschiednehmen. Es ist ein rührender Film, mit brillanten Schauspielern, so auch die erwähnenswerte Nebenrolle der depressiven Mutter, von keiner anderen verkörpert als Deborah „Blondie“ Harry, der aber nie in irgendwelche Schubladen greift oder zu sentimental wird.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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