Es war der 14. Juni 1998. Die Abiturprüfungen waren bewältigt und bis zum Start des Zivildienstes sollte für den Verfasser dieser streng subjektiven Zeilen noch ein Vierteljahr ins Land gehen. Gefüllt wurde die Lücke des nur augenscheinlich herrlichen – weil weitgehend mittellosen – Slacker-Daseins mit Ausschlafen, PSX-Marathons und Punk-Rock. Dabei spielte eine an besagtem Datum erstmals ins Bewusstsein drängende Band eine gewichtige Rolle: die DONOTS. Bei der zweiten Ausgabe der „Flying High Across the Sky“-Tour in der Zeche Carl zu Essen wurden sie kurzfristig als Ersatz verpflichtet, da neben SAMIAM auch REEL BIG FISH abgesagt hatten. So kam es, dass die Ibbenbürener die Bühne mit solchen wie IGNITE, THUMB und SUICIDAL TENDENCIES teilten.
Eines wurde bei ihrem bestenfalls halbstündigen Auftritt unverzüglich offenbar: Hier wächst etwas Großes heran. Der Erwerb ihrer seinerzeit aktuellen CD „Tonight’s Karaoke-Contest Winners“ war demnach keine Frage. Das eigenproduzierte zweite Album des seit 1996 unverändert agierenden Quintetts nimmt daher bis heute einen besonderen Platz im Herzen des Autors ein. Dass die Jungs anschließend professioneller – und auch besser – wurden, rüttelt nichts an der bereits mit dieser, ihrer zweiten Scheibe offenbarten Klasse. Während viele andere europäische Genre-Vertreter in den späten 90ern auf überschaubar dimensionierten Skate-Punk und Melo-Core setzten, gingen die DONOTS bereits einen entscheidenden Schritt weiter.
Die auf „Tonight’s Karaoke-Contest Winners“ verewigten acht Songs (plus einem unbenannten collagierten Zitate-Intro) geben sich betont rockig und werden nicht in aller Eile abgehandelt. Vereinzelt kratzen sie gar an der Marke von fünf Minuten. Für Punk, gerade von einer solch jungen Combo, mehr als ungewöhnlich. Aber so wie alle anderen wollten die DONOTS augenscheinlich auch gar nicht sein. Sicher scheinen hier und da verschiedene Vorreiter durch, die von SOCIAL DISTORTION bis zum US-Emo reichen. Aber der Kopf war bereits in dieser kreativen Findungsphase auf bemerkenswert eigenständige Wege fokussiert. Nicht umsonst wurden die famosen Referenz-Nummern „You Cannot“, „Word Play“, „Got Some Nerve“ sowie das NEW ORDER-Cover „True Faith“ für das Folgealbum „Better Days Not Included“ neu eingespielt.
Eine Entdeckung ist die Scheibe aber nicht allein aufgrund der (im direkten Vergleich) teils unfertiger wirkenden Originalversionen wert, sondern auch aufgrund der übrigen Beiträge. Denn gerade das energetische „Rock, Paper, Scissors“ zeigt in aller Deutlichkeit, auf welch ansteckende Weise der Fünfer Tempo, Melodie, und Singalongs vereint. Der Sound ist für eine DIY-Produktion klasse, selbst wenn Ingos Gesang bisweilen etwas gedämpft wirkt. Die Ausnahme markiert die finale Akustik-Ballade „Reminder“, bei der in Sachen Vocals nicht jeder Ton getroffen wird. Trotzdem ist „Tonight’s Karaoke-Contest Winners“ auch heute noch ein starkes Stück Indie-Punk. Und das nicht allein aus Gründen befeuerter Emotionszeitreisen.
Wertung: (7,5 / 10)