In Fankreisen keimt nicht selten die Frage auf, weshalb sich Action-Maestro John Woo 1998 für die Regie des TV-Films „Blackjack“ hergab. Schließlich war die Ikone des Heroic Bloodshed mit „Face/Off“ gerade erst richtig in Hollywood durchgestartet. Die Antwort aber ist, gerade im Hinblick auf den gegenwärtigen Stellenwert von US-Fernsehproduktionen, leicht zu beantworten. Denn der von ihm auch als Produzent begleitete Thriller sollte Pilot einer nie realisierten Serie werden. Doch was heute, siehe Walter Hill („Deadwood“) oder Martin Scorsese („Boardwalk Empire“), keine Seltenheit mehr ist, wurde Ende der Neunziger vielerorts als Rückschritt empfunden.
Grundlegend sollte der Film als das angesehen werden, was er ist, nämlich das einleitende Kapitel einer letztlich verworfenen Geschichte. Manch dramaturgische Plattheit und der zeitraubende Zwang der Figureneinführung lassen sich damit durchaus rechtfertigen. Trotzdem bleibt abseits der in ihrer Härte zwar deutlich gemilderten, jedoch für Mattscheibenverhältnisse immer noch beachtlich choreographierten Actionsequenzen ein recht einfallsloses Unterhaltungsprodukt im B-Modus übrig, das ohne die Namen von Woo und Hauptdarsteller Dolph Lundgren („The Punisher“) wohl längst in Vergessenheit geraten wäre.
Als Personenschützer und Ex-US Marshall Jack Devlin markiert Lundgren mit gewohnt stoischem Ausdruck den harten Mann. Den einzigen Unterschied bildet seine Phobie vor der Farbe Weiß, die ihm eine Blendgranate beim Kampf um die Sicherheit der Tochter eines Freundes bescherte. Sie wird nach dem plötzlichen Unfalltod der Eltern in seine Obhut übergeben, womit der menschliche Aspekt für die geplante Serie adäquat eingebracht gewesen wäre. Einen Auftrag aber braucht Jack auch und zu dem kommt er mit der Verwundung seines alten Kollegen Hastings (Fred Williamson, „From Dusk Till Dawn“), der das Model Cinder (Kam Heskin, „Sunset Beach“) vor einem Killer zu schützen versuchte.
Um die Reputation Hastings nicht zu gefährden, nimmt Jack seinen Platz ein und darf sich in vereinzelt gestreuten Shoot Outs in angedeutet orgiastischer Woo-Manier austoben. Die ihm eigene Optik überträgt der Regisseur überzeugend auf den Bildschirm und lässt in Zeitlupe Mäntel wehen oder zerpflückt im Kugelhagel genüsslich Chargen und Interieurs. Wohin das führt, ist im Fahrwasser von „Bodyguard“ weder originell noch überraschend, dafür in der Summe aber grundsolide. Darstellerisch reißt sich niemand ein Bein aus, die Mitwirkung bekannter Mimen – Saul Rubinek („Erbarmungslos“) gibt Jacks einäugigen Mentor Thomas – darf aber durchaus als Unterstreichung der Ambition der Macher interpretiert werden. Die Action ist sehenswert, der Rest belanglos. Dass es beim Piloten blieb, sollte daher nicht weiter verwundern.
Wertung: (5 / 10)