Bestie Krieg (USA/ISR 1988)

„I tried to be a good soldier. But you can’t be a good soldier in a rotten war.“ – Koverchenko

US-amerikanische Filme, die aus russischer Perspektive erzählt werden, sind selten. Einer davon ist „Bestie Krieg“, den „Waterworld“-Regisseur Kevin Reynolds mit namhafter Schauspielgarnitur aus der zweiten Reihe inszenierte. Dabei ist aber nicht der bewaffnete Konflikt an sich die titelgebende Bestie, sondern der Mensch, der ihn führt. Oder anders: fährt. Denn in der Verdinglichung ist das Monster ein Werkzeug, genauer ein Panzer, der auf Irrwegen im bergischen Nirgendwo Afghanistans zum Symbol der verübten Gräuel wird. Die damit verknüpfte Botschaft lässt Reynolds Anti-Kriegsfilm keineswegs hervorstechen. Ungewöhnlich ist er trotzdem; und das nicht allein vor dem Hintergrund des Hollywood-Trends jener Zeit, die Sowjets auf großer Leinwand als ewigen Erzfeind zu stilisieren.

Ein weiterer Trend der 1980er, zumindest bezogen auf die Veranschaulichung militärischer Traumata, waren Vietnam-Kriegsfilme. „Bestie Krieg“ verweigert sich beiden Aspekten. Aus kommerzieller Warte ein mutiger Schritt. Allerdings führte auch dieser nicht dazu, dass der Streifen breite Bekanntheit erlangte. Doch die Entdeckung lohnt bereits, da Reynolds der simplen Prämisse eine atmosphärische Intensität abringt, die durch den Kontrast der schier endlosen steinigen Ödnis und dem beengten Agitationsraum innerhalb des Panzers gestützt wird. Um das von William Mastrosimone („Extremities“) nach seinem eigenen Bühnenstück verfasste Drehbuch zu tragen, braucht es aber auch diesmal konventionelle moralische Gegenpole.

Der eine ist Panzerkommandant Daskal (als Menschenfeind perfekt besetzt: George Dzundza, „Basic Instinct“), ein unerbittlicher Hardliner, der den Kampf fürs Vaterland als Privileg erachtet. Sein Opponent ist Steuermann Koverchenko (Jason Patric, „Sleepers“), ein zweifelnder Intellektueller, dem seine kritische Haltung bereits eine Degradierung eingebracht hat. Aufgeweicht wird das scheinbare Gut-Böse-Schema durch den einleitenden Panzerangriff auf ein Bergdorf, bei dem die Bevölkerung in teils drastischen Bildern ausgelöscht wird. Der Widerstand eines Mudschahedin führt dazu, dass ihn Daskal unter eine Kette des Kriegsgefährts legen und von Koverchenko überrollen lässt.

„I hate this fucking country!“ – Kaminski

Das Massaker lässt Taj (Steven Bauer, „Scarface“), den Bruder des Getöteten, zum Dorfvorsteher Khan aufsteigen. Gemeinsam mit seinem verfehdeten Vetter Moustafa (Chaim Girafi, „More Dogs Than Bones“) und anderen verfolgt er den Panzer zu Fuß. Dabei kommt ihnen zugute, dass Daskal und seine Mannschaft, die neben Koverchenko aus den Kanonieren Kaminski (Don Harvey, „Die Verdammten des Krieges“) und Golikov (Stephen Baldwin, „Die üblichen Verdächtigen“) sowie Dolmetscher Samad (Erick Avari, „Stargate“) besteht, den falschen Weg einschlägt und vom Rest der mobilen Patrouille getrennt in eine Sackgasse steuert. Mehr noch eskaliert der Konflikt zwischen Daskal und Koverchenko, so dass der querulante Zweitgenannte an einen Felsen gebunden zum Sterben in der Ödnis zurückgelassen wird.

In der Folge wird er von Taj und seinen Begleitern gefunden, die ihn, anders als die Frauen des zerstörten Dorfes, nicht sogleich aus Rache töten wollen. Im Gegenzug repariert Koverchenko eine defekte Panzerfaust und begleitet die eigentlichen Widersacher bei ihrer Jagd auf den gemeinsamen Feind. Das mag moralisch schwammig erscheinen, doch geht es bei der Paktierung nicht um gegenseitiges Verständnis oder die zwingende Überwindung ideologischer Unterschiede, sondern schlicht die singuläre Bezwingung einer Bestie, die beiden Unrecht erteilt hat. Allerdings ist der Weg zur finalen Attacke auf den Panzer für alle Parteien lang und zermürbend.  

Dem militärischen Berater Dale Dye – der nach seiner Offizierslaufbahn bei der US-Armee in zahlreichen Kino- und TV-Produktionen mitwirkte (u. a. „Platoon“) – ist es zu verdanken, dass der im Film gezeigte Panzer – ein originaler russischer T55, den er in Israel ausfindig machte – die authentische Färbung unterstreicht. Ungenauigkeiten wie die falsche Zahl möglicher Besatzungsmitglieder (tatsächlich bot der T55 nur vier steuernden Personen Platz) oder der im Original verwendete US-Militärjargon (auf russische Akzente der Schauspieler wurde verzichtet) mögen dem widerstreben. Trotzdem bleibt „Bestie Krieg“ ein sehenswertes und gerade aufgrund des Settings unbequemes Werk, dessen Nachhall auch durch die eindeutige Konfliktauflösung mit finaler Erlösergeste nicht getrübt wird.     

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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