Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding (D 1999)

bangboombang„Der Pferd heißt Horst“ – Hilmi Sözer („Voll Normaal“) als ahnungsloser Rennbahn-Wettpate

Ende der Neunziger zeigte das deutsche Kino den Mut, die von gleichförmigen Beziehungskomödien geprägte Konformität zu durchbrechen. Es waren Werke wie „Knocking on Heavens Door“ (1997) oder „Lola rennt“ (1998), die der hiesigen Filmwirtschaft neues Selbstvertrauen gaben. Plötzlich schienen selbst Genrefilme nach amerikanischer Prägung nicht mehr abwegig, wobei sich vor allem die groteske Verzerrung des Gangsterfilms in die teutonische Kinokultur einknüpfen ließ. Festmachen lässt sich dies neben Til Schweigers Regiedebüt „Der Eisbär“ insbesondere an Peter Thorwarths 1999 vorgestellter Ruhrpott-Posse „Bang Boom Bang“.

Deren Untertitel „Ein todsicheres Ding“ spricht bereits ironische Bände – wobei nur zu erahnen bleibt, welche der vielen krummen Touren denn nun DAS garantiert reibungslos ablaufende Verbrechen sein soll. Denn Unna, Tummelplatz schräger Typen und eingebildeter Vorzeigeganoven, wird zum kriminellen Schmelztiegel, wenn Kiffer Keek (Oliver Korittke, „Die Musterknaben“) für den inhaftierten Vorzeigeproll Kalle Grabowski (sensationell: Ralf Richter, „Superstau“) von der Beute eines gemeinsam verübten Banküberfalls einen Mercedes kaufen soll. Dem aufbrausenden, zu Gewaltausbrüchen neigenden Kalle stehen für sein Schweigen über Keeks Mittäterschaft 90 Prozent der Beute zu.

„Was hat dieser Typ meine Olle zu ficken?“ – Kurz vor der Explosion: Kalle

Nur ist davon nicht viel übrig geblieben, weil der „kleine Lebowski“ aus dem Pott große Summen auf Pferde (mit Namen Horst) setzt. Da ist guter Rat teuer. Vor allem, als Kalle mit Grausen erkennen muss, dass seine Frau (Sabine Kaack, „Diese Drombuschs“) in den Amateurpornos von Videothekar Franky (Jochen Nickel, „Stalingrad“) mitwirkt. Einen Ausbruch später steht Kalle bei Keek auf der Matte. Zeit für ein todsicheres Ding. Aber was heißt eines? Denn da ist ja noch Unternehmer Kampmann (in seiner letzten Kino-Rolle: Kult-Komiker Dieter Krebs, „Ein Herz und eine Seele“), dem kaum ein Geschäft krumm genug ist. Doch als er den treuen Duckmäuser Schlucke (Martin Semmelrogge, „Das Boot“) beauftragt, zwecks Versicherungsbetrug in die Firma einzubrechen, kommt der nicht allein.

Denn neben Keek, der Schrauber-Kumpel und Lokal-Fußballstar Andy (Markus Knüfken, „Kai Rabe gegen die Vatikankiller“) in seinen Schlamassel verstrickt, ist plötzlich auch der kriminelle Ratte (Heinrich Giskes, „Wir können auch anders…“) am fingierten Bruch beteiligt. Aber selbstredend bedeutet das für Keek mitnichten das Ende seiner Probleme. Denn in Kampmanns Tresor, der den Schlüssel zu einem Flughafenschließfach mit üppiger Barschaft enthält, bleibt ein Daumen zurück. Vom Vermögen nichts ahnend, stehlen Keek und Andy gleich den gesamten Geldschrank und fahren ihn mit einer Stahlkette am Auto befestigt durch die Nacht spazieren. Und das Ende der kriminellen Machenschaften zwischen Lüge, Betrug und Mord ist damit längst nicht erreicht.

„Willste nicht mal den Lolli ausspucken und dafür meinen Pimmel in den Mund nehmen?“ – Kampmanns schnöseliger Sohn Mark (Christian Kahrmann, „Und tschüss!“)

Die herrlich überzogene Milieu-Groteske mit ihren ulkigen Verlierer- und Proletentypen ist pures Ruhrpott-Gold. Co-Autor und Regisseur Peter Thorwarth variiert Motive von Tarantino und den Coen-Brüdern, transferiert sie ins Lokalkolorit des Dortmunder Speckgürtels und streut eifrig Zitate Richtung „Simpsons“ und „Cheech und Chong“. Das mit überraschender Leichtigkeit dirigierte Figurengeflecht, darunter auch Alexandra Neldel („Verliebt in Berlin“) als Kampmanns Auszubildende Melanie und der wegen sexueller Nötigung tief gefallene Willi Thomczyk („Die Camper“) als Werkstattbetreiber, wird durch eine Vielzahl sich überlagernder Verbrechen und Betrügereien getrieben. Mittendrin versucht Anti-Held Korittke neben dem Daumen nicht auch noch die Fassung zu verlieren.

Die dazu gereichten Sprüche und Dialoge sind längst Kult und haben unter anderem dafür gesorgt, dass der Film seit seiner Uraufführung durchgehend im Bochumer UCI gespielt wird. Selbst eine von Fans Szene für Szene nachgespielte Version erlebte dort 2008 ihre Premiere. Man könnte ewig weiterlamentieren, über Keeks grünen Taunus mit „Dope“-Kennzeichen, Kalle Grabowskis denkwürdige Proleten-Outfits, den (seinerzeit) stimmigen Soundtrack der H-Blockx oder die irrwitzigen Gastauftritte von Ingolf Lück, Ralph Herforth („Kurz und schmerzlos“) und Til Schweiger (als Proll-Fußballer mit Rastafräse und Hackentrick). „Bang Boom Bang“ ist nicht nur tatsächlich „ein todsicheres Ding“,  sondern der seltene Glücksfall einer rundum gelungenen deutschen Komödie. „Mann, doo“, der geht einfach immer!

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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