Peter Thorwarth ist zurück. Satte acht Jahre sind seit „Goldene Zeiten“, dem Abschluss seiner „Unna“-Trilogie ins Land gezogen. Doch das Comeback des Kult-Regisseurs, der mit „Bang Boom Bang“ (1999) einen immergrünen Ruhrpott-Klassiker schuf, hätte überzeugender kaum ausfallen können. „Nicht mein Tag“, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Ralf Husmann („Stromberg“), markiert den Brückenschlag zwischen alter Stärke und neuen Ufern. Das bedeutet anarchischer Humor und prollig überzogenes Gangstertum sowie (dezent) melancholisch gefärbtes Innehalten mit bemühter charakterlicher Ausprägung. Dass sich Thorwarth bei der humoristischen Auskleidung auf bewährte Muster des Buddy Movies (siehe „Nix zu verlieren“) verlässt, beschert dem Unterhaltungswert keinen Abbruch.
Dafür garantiert bereits die sehenswerte Besetzung, an deren Spitze sich Moritz Bleibtreu („Schutzengel“) und Axel Stein („Hausmeister Krause“) als ungleiches Duo trefflich die Bälle zuspielen. Und gegensätzlicher könnten die von ihnen gespielten Figuren kaum sein. Der bemerkenswert verschlankte Stein spielt den ordnungsliebenden Osthovener Bankangestellten Till Reiners, der sich im Job für das Wohl von Frau Miriam (Anna Maria Mühe, „Was nützt die Liebe in Gedanken“) und dem gemeinsamen Sohn aufreibt. Sein Leben ändert sich schlagartig, als der tätowierte Ex-Knacki Nappo Navroki (Bleibtreu) einen Kredit beantragt, um sich einen Mustang – Auto, nicht (der) Pferd! – zu kaufen. Natürlich kann Till dem Gesuch nicht stattgeben. Also kehrt Nappo tags darauf zurück – mit Pistole und Mr. T-Maske.
Mit Beute und Geisel (Till) tritt er in deren altem Subaru die Flucht an. Dabei raubt ihm der spießige Jammerlappen schnell den letzten Nerv, erweist sich beim Kauf des Mustangs –Thorwarth-Regularie Ralf Richter darf als dubioser Geschäftsmann Langer selbstredend nicht fehlen – aber als seriöse Verhandlungshilfe. Als Nappo ihn schließlich gehen lässt, glaubt Till durch eine Verkettung zufälliger Begebenheiten (und den „Fickprojekt“-Sprüchen seines Entführers), dass Miriam ihn betrügt. Da trifft sich gut, dass Nappo angeheuert wird, von einer Gruppe Albaner in Amsterdam eine Tüte geklauter Pfandbriefe zu erwerben, die Till zuvor prüfen soll. Mit Nappos kratzbürstiger Freundin Nadine (Jasmin Gerat, „Kokowääh“) geht es auf die Reise. Nur wird die Dank Tills alkoholbedingter Unberechenbarkeit – und einem Konzert der Altrocker Donar – bald zum Tanz auf der Rasierklinge.
Mit gelungenem Dialogwitz und willkommenen Anspielungen auf „Bang Boom Bang“ (neben Richters obligatorischem „Mann, doo“ sorgt der Kurzauftritt von Christian Kahrmann als Kampmann-Nachwuchs für Stimmung) bringt Thorwarth Film und Publikum auf Touren. Nachdem er sich gerade zu Beginn Zeit nimmt, Steins gezähmten Rocker Till zu skizzieren, wird das Tempo spätestens in Amsterdam massiv angezogen, was in der fiebrigen digitalen Handkamerasequenz alle Dämme brechen lässt. Nachdem Nappo erst ihn in arge Bedrängnis gebracht hat, revanchiert sich Till, indem er den Albanern das Geld klaut und im Alkohol- und Drogenrausch die Stadt unsicher macht. Der andere Til, also Schweiger, zugleich Produzent des Films, absolviert dabei einen selbstironischen Gastauftritt.
Die (vokale) Beteiligung von Tom Gerhardt („Ballermann 6“) als Navigationsgerät sorgt am Rande für einen Running Gag besonderer Güte. Nach einer wüsten Verfolgungsjagd durch Amsterdam, für die Hermann Johas Action Concept („Alarm für Cobra 11“) die rasante Umsetzung besorgte, wird die ihrem Gatten nachstellende Miriam von den betrogenen Albanern verschleppt. Um das durch ein Malheur (entflammter Polizeiwagen) verlorene Geld zu erstatten und das Leben seiner Liebsten zu retten, nimmt sich Till ausgerechnet ein Beispiel an Nappo. Die Weichen für ein dramatisch gefärbtes Finale sind damit gestellt, wodurch „Nicht mein Tag“ eine Erdung erhält, die über typische Komödienkost hinauswächst. Dieser Bruch in der Tonalität ist nicht reibungsfrei, bleibt wie die muntere und sehr amüsante Räuberpistole insgesamt aber schlicht umwerfend sympathisch.
Wertung: (7,5 / 10)