Hollywood-Beau Ben Affleck hat eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Als aufstrebender Jungstar erhielt er (zusammen mit Matt Damon) den Drehbuch-Oscar für „Good Will Hunting“ und verspielte beinahe sämtlichen Kredit in der Rolle des Beinahe-Ehemannes von Jennifer Lopez (siehe „Gigli“). Fortan drohte Affleck in der Bedeutungslosigkeit zu versinken und als ihn kaum mehr ein Kritiker auf der Rechnung hatte, wurde er bei den Filmfestspielen in Venedig 2006 für seine Darbietung in „Die Hollywood-Verschwörung“ mit der Coppa Volpi ausgezeichnet. Ein Jahr später legte er mit „Gone Baby Gone“ sein hochgelobtes Regie-Debüt vor.
Endgültig rehabilitieren konnte er sich mit dem Folgewerk „The Town“, das unverzüglich als moderner Klassiker des Gangster-Thrillers gefeiert wurde. Und so verwunderte es ungeachtet der namhaften Konkurrenz auch nicht weiter, dass Affleck als Produzent seines jüngsten Werks „Argo“ abermals einen Oscar (für den Besten Film) entgegennehmen konnte. Ob es im Frühjahr 2013 tatsächlich keine bessere Wahl gegeben hätte, darüber lässt sich streiten. Zweifelsohne aber ist die Aufarbeitung einer riskanten Rettungsaktion aus dem Iran am Rande der geschichtsträchtigen 444-tägigen Botschaftsbesetzung ein beeindruckendes Stück Kino geworden, bei dem Affleck die historischen Begebenheiten detailgetreu – wenn auch nicht lückenlos und ohne dramaturgische Freiheiten – rekonstruiert.
Der Blick geht zurück ins Jahr 1979. Nachdem der Schah von Persien im Zuge der Islamischen Revolution aus dem Iran vertrieben wurde und, an Krebs erkrankt, in den USA Obdach fand, lehnte sich der von Ayatollah Khomeini wiedererrichtete Gottesstaat wutentbrannt gegen die Amerikaner unter Präsident Jimmy Carter auf. Gefordert wurde die sofortige Auslieferung des Despoten. Am 4. November fand der Zorn in der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran seinen Höhepunkt. Affleck erzählt die unglaublich wahre Geschichte von sechs während der Besetzung geflohenen Botschaftsmitarbeitern (u.a. Clea DuVall, „Carnivalé“), die im Haus des kanadischen Botschafters Unterschlupf fanden.
Allein der Versuch, sie aus der politisch aufgeheizten Gefahrenzone zu schleusen, ist riskant, die schlussendliche Umsetzung bisweilen gar herrlich grotesk. Affleck selbst gibt CIA-Agent Tony Mendez, der den Plan fasst, für eine fingierte Filmproduktion mit dem Titel „Argo“ in den Iran zu reisen, um nach geeigneten Drehorten zu suchen. Die sechs Mitarbeiter der US-Botschaft sollen als Crew-Mitglieder unbemerkt außer Landes geschafft werden. Um der Geschichte die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen und im Falle eventueller Rückfragen aus dem Iran verfügbar zu sein, werden der Oscar-prämierte Maskenbildner John Chambers (John Goodman, „The Big Lebowski“) sowie Produzent Lester Siegel (Alan Arkin, „Little Miss Sunshine“) eingeweiht.
Die politischen Spannungen jener Zeit fängt Affleck glaubhaft ein und entgegen der Empörung von iranischer Seite spart er auch nicht an (unterschwellig) kritischen Tönen in Richtung US-Außenpolitik. Der (u.a. mit „Breaking Bad“-Star Bryan Cranston) bis in die Nebenrollen trefflich besetzte Thriller überzeugt durch die sorgfältige Inszenierung, die sich, gemessen an der Absurdität des Plans zu recht, nicht vor humoristischen Spitzen verschließt. Gegen Ende, wenn Mendez das waghalsige Unterfangen entgegen der Anweisungen seiner Vorgesetzten durchführt, werden die realen Ereignisse zugunsten gängiger Spannungsmomente variiert. Aber selbst ungeachtet solcher Zugeständnisse ans gängige Unterhaltungskino ist „Argo“ ein hochkarätiger Film, der auch die letzten Zweifel an Ben Afflecks Qualitäten (vor wie hinter der Kamera) nachhaltig ausräumen sollte.
Wertung: (8,5 / 10)