Verdientermaßen haben sich THE GASLIGHT ANTHEM ins Bewusstsein eines Massenpublikums gespielt. Die Musik der fünf Mannen aus New Jersey trifft generationsübergreifend einen Nerv an der Schwelle verschiedener Spielarten von Rock und amerikanischer Volksmusik. Dieser oft nachdenklich gefärbte, im Kern aber doch gern nach vorn gehende Folk n‘ Roll hat sich binnen weniger Jahre explosionsartig von kleinen Clubs in große Hallen verbreitet. Für die Band ist das prima, für die Fans eine absehbare Entwicklung mit bisweilen fadem Beigeschmack.
Die Intimität überschaubarer Bühnen ist dahin. In der Weitschweifigkeit der Arenen geht ein Gutteil der Atmosphäre schlicht verloren. Zudem spielen die Mannen um Sänger Brian Fallon mittlerweile in einer Liga, wo der Preis von 25 Euro für ein T-Shirt zum Alltagsgeschäft gehört. Dieses Spiel kann man natürlich mitspielen. Und trotzdem bleibt die Frage, ob die Popularitäts-Expansion nicht bereits an ihre Grenzen gestoßen ist. Beim Auftritt in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle blieben leichte Zweifel an der ganz großen Zugkraft erhalten. Mit geschätzt 4000 Besuchern war die auf den oberen Tribünen abgehangene Location zweifelsfrei gut gefüllt, dabei aber weit vom ausverkauften Spektakel entfernt.
Vor THE GASLIGHT ANTHEM spielten die aufstrebenden APOLOGIES, I HAVE NONE aus London, deren Indie-Rock schwer nach Victory-Releases der Nullerjahre klingt. Ein bisschen BAYSIDE, eine Spur THE JUNIOR VARSITY. Alles ganz nett und eingängig, aber nicht zwingend nachhallend. JAPANDROIDS, ein kanadisches Duo bot an Schlagzeug und Gitarre ansprechenden und gern lauten (Indie-)Rock mit manch packendem Refrain. Nach einer runden halben Stunde war die Luft aber weitgehend raus, die Oohs und Aahs nur mehr Mittel zum Zweck und ein relativer Gleichklang erreicht. Der wurde durch den abschließenden Abstecher in Richtung Rock ’n Roll aber noch einmal abgeschüttelt und mit verdient wohlwollender Verabschiedung quittiert.
Als Höhepunkt dann fast 100 Minuten GASLIGHT ANTHEM – ein Ausflug in sämtliche Schaffensphasen. Die noch sichtlich Punk-beeinflussteren Anfangstage wurden u.a. mit „Great Expectations“, „The ’59 Sound“, „The Backseat“, „Boomboxes and Dictionaries“, „1930“ oder „Wherefore Art Thou, Elvis?“ abgehandelt, während „45“, „Handwritten“, „Keepsake“, „The Queen of Lower Chelsea“ oder „Orphans“ vor allem den später hinzugestoßenen Wertschätzern Freude bereitete. Die Stimmung im Saal war prima, der Sound nur bedingt. Das Schlagzeug schepperte bisweilen wie ein Blecheimer und die Vocals blieben anfangs recht leise. Im Laufe des ersten Drittels pendelte sich der Klang aber im soliden Bereich ein.
Neben dem gut gemischten Set überzeugte Fallon durch Nahbarkeit. Eine Anekdote zum Auftritt im Vorprogramm von SOCIAL DISTORTION an gleicher Stelle oder die Würdigung eines weiblichen Fans, der die Band bereits dutzendfach live erlebt hat, sorgte für gute Laune. Trotzdem wirkte der Raum einfach zu groß, die Band vor allem gemessen am stets bodenständigen emotionalen Tenor zu weit weg. So blieb es bei einem sehenswerten Kann, aber sicher keinem absoluten Muss. Wer die kommerziellen Gipfelstürmer vor ihrem steilen Aufstieg noch in einem schummrigen Club erlebt hat, darf sich glücklich schätzen. Eine sichere Bank sind THE GASLIGHT ANTHEM aber immer noch.