Die Rückkehr einer Legende: Obwohl längst aufgelöst, spielen die NEW BOMB TURKS auch weiterhin vereinzelte Gigs. Wenn das Geld stimmt – oder die Show in der Solinger Cobra steigt! Dort gab der Vierer aus Ohio vor einigen Jahren ein Konzert, das heute als denkwürdig gilt. Der geeignete Platz also für eine neuerliche (unverhoffte) Deutschlandvisite und die nahtlose Anknüpfung an ihre frenetischen Huldigungen des Rock ’n Roll. Und aus rein subjektiver Perspektive können diesem Abend der Superlative wohl nur wenige das Wasser reichen!
Dass die TURKS das Düsseldorfer Umland in Grund und Boden stampfen würden, war zweifelsfrei zu erwarten. Ebenso die Euphorie des Publikums. Doch auf welch exzessive Weise sich Band und Pulk in einen ekstatischen Rausch stürzten, bei dem zumindest für die Dauer einer Stunde die Welt aus den Angeln gehoben wurde, durfte schon in reges Erstaunen versetzen. Im Vorprogramm tummelten sich auf beiden Bühnen – neben dem geräumigen Kellerraum verfügt auch die Kneipe im Erdgeschoss über eine kleine Stage – illustre Combos aus Nachbarschaft, Region und Ruhrpott.
Superlative wussten allen voran die MAD MULLAHS zu bedienen, ein bizarres Duo an Schlagzeug und Gitarre, bei dem der Sänger nackt zu Werke geht. Ob der Garagen-Punk durch diese fraglos bemüht anstößige Maßnahme an Wirkung gewinnt, bleibt Spekulation. Der Blumenkranz auf dem Haupt und das Rosenornament am Gemächt jedenfalls bewahrte der musikalisch launigen Show die angestrebte Skurrilität. Parallel dazu wütete MIKE ZERO mit dem RIOT ENSEMBLE im Untergeschoss. Der Dortmunder Solokünstler mit Nietenhalsband brachte jedoch keine Belebung in den Saal. Im Gegenteil.
Der Versuch, durch Ausführungen über die Vorzüge von Internet-Gemeinschaftsplattformen Teilnahme zu provozieren, scheiterte kläglich. Gefehlt hätte nur noch ein durch den Raum kullernder vertrockneter Dornbusch. Dazu passte, dass auch der akustisch zwar ansprechende, insgesamt jedoch wenig mitreißende Mix aus Glam-Rock und Punk auf verhaltene Gegenliebe stieß. Besser machten es da schon PÜTT IT LIKE A ONE MAN BAND und die Lokalmatadore von THE PHONOTONES, die beide amtlichen (und deutlich mehr Bewegung forcierenden) Punk ’n Roll lieferten. Erstere offenbarten experimentelle Facetten, während die zweitgenannten standesgemäß schnörkellos auf das Hauptprogramm einstimmten.
Als die NEW BOMB TURKS schließlich die Bühne stürmten, gab es für die etwa 400 Häupter zählende Meute kein Halten mehr. Nicht wenige schienen am Tresen überhaupt nur noch Bier zu erwerben, um es anschließend in hohem Bogen durch den Raum zu bugsieren. Müßig zu erwähnen, dass der gewohnt wüst grimassierende Sänger Eric Davidson, Gitarrist Jim Weber und ihre Begleiter die Cobra buchstäblich zum kochen brachten. Selbst wer sie nicht mit bewundernswerter Beharrlichkeit bis zur Erschöpfung abfeierte, schwitzte zwangsweise Rotz und Wasser aus jeder Pore.
Die beliebtesten Alben der Band sind noch immer die ersten beiden („!!Destroy-Oh-Boy!!“ und „Information Highway Revisisted“). Später lösten vermehrt ruhigere, traditioneller Rock ’n Rollende Stücke den High-Speed-Garagen-Punk ab. An diesem Abend aber wurde weder verschnauft noch inne gehalten. In atemberaubendem Tempo und mit schmissig schrottigem Sound wurde vorrangig die Frühzeit bemüht. Das grandiose Set umfasste Hits wie „Dragstrip Riot“, „Runnin‘ on Go“, „Long Gone Sister“, „Mr. Suit“, „Bullish on Bullshit“, „Point A to Point Blank“ oder „Professional Againster“, wurde konstant von emporgereckten Zeigefingern und Publikumschören begleitet und endete für die meisten Anwesenden am Rande der Erschöpfung. Dazu denkwürdiger denn je, leider aber viel zu früh. Mehr Party ist nur schwerlich möglich.