07.10.2006 – AFI / The Explosion / Dispute – Köln, Palladium

Nachdem bereits das Major-Debüt „Sing the Sorrow“ die Klingelbeutel von AFI ordentlich füllte, kletterten sie mit dem Nachfolger „December Underground“ sogar ganz nach oben. Platz 1 der Billboard-Charts, herzlichen Glückwunsch, verdient haben es die Mannen um Frontmann Davey Havoc allemal. Der Erfolg ist jedoch nicht nur auf ihre Heimat zu beziehen, denn während vor wenigen Jahren mit der Veröffentlichung von „Sing the Sorrow“ noch der Prime Club herhalten konnte, musste das heutige Gastspiel bereits vor Wochen von der Live Music Hall ins weitaus größere Palladium verlegt werden. Eine Lokalität, die häufig leider nicht den feinsten Hörgenuß bietet.

Ausverkauft war es nicht und glücklicherweise war auch schon ab sechs Uhr Einlass, so dass wir gegen kurz vor acht gemütlich in die Halle spazieren konnten. Die obligatorische Schlange blieb uns also erspart. Am Donnerstag gab es bereits bei AIDEN das komplette Publikums-Programm zu sehen und auch AFI zogen viele kleine Lookalikes an, wenngleich es aber definitiv auch schlimmer hätte kommen können. DISPUTE standen bereits auf der Bühne, als wir in das Innere gelangten, die fünfköpfige Band präsentierte einen netten Mix aus Punkrock mit ein wenig Geschrei. Sie wirkten nicht unsympathisch auf der Bühne, aber für den mehrfach gewünschten Circle-Pit war es noch ein wenig früh am Abend, das Publikum schlichtweg noch zu reserviert. Ein DESCENDENTS-Cover gab es auch noch, nach 30 Minuten war aber dann auch Schluß.

Besonders gespannt war ich auf THE EXPLOSION, die nach DISPUTE die Bühne betraten. Ihr Sänger erschien natürlich mit geöffneter Bierflasche, im Übrigen war dies nicht die Einzige, die er in den folgenden 45 Minuten leerte. Ganz so fertig wie beim letzten Mal im Underground war er aber nicht, denn diesmal musste er sich nicht permanent am Mikroständer festhalten. THE EXPLOSION spielten ein tolles Set, Hauptaugenmerk lag natürlich auf dem letzten Album „Black Tape“, von dem mit „Atrocity“, „Mother’s Cry“ oder „Filthy Insane“ die relevanten Songs gespielt wurden. „No Revolution“ oder „If You Don’t Know“ gab es von ihrem grandiosen Album „Flash Flash Flash“ zu hören, während auch einige neue Stücke gespielt wurden. Musikalisch passten THE EXPLOSION vielleicht nicht ganz zum Headliner des heutigen Abends, doch ich für meinen Teil hatte großen Spaß. Dazu trug auch ihr neuer Schlagzeuger bei, der mit hässlichem Oberlippen-Spoiler sogar ein ordentliches Drum-Solo bot, bei dem sich die Band kurzfristig von der Bühne begab. „Here I Am“ bildete den Abschluß eines kurzweiligen Auftrittes..

Dann aber Licht aus, Spot an. AFI betraten ganz in weiß die Bühne und die etwa 3.000 Leute waren aus dem Häuschen. Auch die Bühnendekoration war in weiß gehalten, etliche Scheinwerfer sorgten für eine stimmige Atmosphäre. AFI begannen standesgemäß mit „Prelude 12/21“, es folgten im weiteren Verlauf alle Hits der letzten beiden Alben „Sing the Sorrow“ und „December Underground“. „Kill Caustic“, „Girls Not grey“, „Leaving Song Pt.2“, „Silver and Gold“, „Love Like Winter“ oder „Death Of Season“ waren nur einige Songs, die AFI in den knappen 60 Minuten präsentierten. Das Publikum nahm jede Zeile, jede Geste dankbar auf. Davey Havoc sprang wie ein Derwisch über die Bühne, sang und schrie sich die Seele aus dem Leib. Seine Mistreiter absolvierten ein nicht minder großes Laufpensum. Manchmal wirkte ihre – allen voran Havocs – Darbietung etwas zu überspitzt, zu theatralisch, doch passte an diesem Abend einfach alles zusammen. AFI feierten heute auch sich selbst und setzten sich zu jeder Sekunde gekonnt in Szene. Eine große Überraschung war der Sound, welcher glasklar aus den Boxen dröhnte und es schien beinahe so, als käme er vom Band, so perfekt saß jede Melodie und jede Gesangslinie.

Mit Ansagen hielt sich die Band zurück, nur ganz selten gab es mal ein paar Worte Richtung Publikum. Ähnlich zurückhaltend wurde auch das Schaffen vor der „Sing the Sorrow“-Ära berücksichtigt. Älteres Material wurde fast gänzlich ausgelassen, ich erinnere mich jetzt nur an „Days of the Phoenix“ und gen Ende wurde auch noch „God Called in Sick Today“ gespielt, bei dem Davey Havoc sich ins Publikum begab und auf den Schultern der Menge thronte. Bei 10 Minuten Spielzeit mehr hätte man vielleicht noch den einen oder anderen Song spielen können, dies ist einer von zwei kleinen Makeln, die es von einem insgesamt fantastischen Konzert zu berichten gibt. Die Show, das Drumherum war aber komplett auf die letzten beiden Alben abgestimmt, die schnellere Gangart vergangener Tage hätte vielleicht am heutigen Abend auch nicht so gut funktioniert. Nachdem „Miss Murder“ den Abschluss markierte – bei dem alle Anwesenden nochmals lautstark mitsangen – war die Sause auch schon zu Ende. Nach knapp einer Stunde also, für solch eine Band sicherlich etwas zu wenig. In dieser Stunde jedoch zeigten AFI eindrucksvoll, welch eine Ausnahmeband sie sind. Für mich eines der besten und intensivsten Konzerte seit längerem.

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