Mystery Men (USA 1999)

mystery-men„Zum Lernen meiner Lehren muss ich euch zuerst lehren wie man lernt.“ – Sphinx

Champion City hat nicht nur Gotham-Flair, nein, in der Metropole treiben sich auch tatsächlich Superhelden herum! Mr. Furios (herrlich blöd: Ben Stiller, „Tropic Thunder“) glaubt zum Super-Berserker werden zu können, wenn ihm die Zornesröte ins Gesicht steigt. Blue Raja (very british: Hank Azaria, „The Birdcage“) hat an seinem Kostüm nichts Blaues und bewirft seine Gegner mit Löffeln und Gabeln, da Messer jemanden verletzen könnten. Der Shoveller (wunderbar wie immer: William H. Macy, „The Cooler“) schließlich kann schaufeln. Verdammt gut schaufeln.

Zu einem richtigen Vigilanten können die gut beschützten Einwohner Champions dennoch aufschauen: Captain Amazing (spielfreudig arrogant: Greg Kinnear, „Green Zone“). Dabei kann als „erstaunlich“ nur noch sein Eifern nach guter Publicity und lukrativen Werbeverträgen bezeichnet werden. Ein medienwirksamer Vollzeit-Held – sein Kostüm beherbergt Werbung für diverse Marken und Produkte – braucht für die stete Erneuerung seines Ruhms aber Gegner. Gerade die machen sich rar. Damit die Werbeinnahmen nicht versiegen, wird Amazings Erz-Nemesis Casanova Frankenstein (süffisant megalomanisch: Geoffrey Rush, „Quills“) aus der Irrenanstalt entlassen. Als der den Widersacher kurzerhand gefangen nimmt, schlägt die Stunde der von der Öffentlichkeit nur müde belächelten Ersatz-Ordnungshütter.

Eher unfreiwillig stoßen noch der Spleen (überdreht: ´Pee-Wee Herman´ Paul Reubens), Meister der Darmwinde, und Invisible Boy (ironisch quotenschwarz: Kel Mitchell, ähm, „Like Mike 2“), der nur unsichtbar wird, wenn ihn keiner anschaut, zur eigenwilligen Truppe der selbsternannten Kämpfer für die Gerechtigkeit. Doch auch dieser Zuwachs reicht nicht, um dem superintelligenten wie bösen (und natürlich deutschen) Schurken Frankenstein das Handwerk zu legen. Man entschließt sich ein Casting (!) zu arrangieren, um weitere Mitstreiter für die bedeutende Mission zu rekrutieren.

Nach den wohl absurdesten „Helden“ der Geschichte – Ballerina Man etwa – erkennt man in der Bowlerin (Janeane Garofalo, „Dogma“) wirkliches Potential. Und die kann bowlen. Verdammt gut bowlen. Das nun zum Sextett gewachsene Team bekommt unverhofft weitere Unterstützung durch Dr. A. Heller (wandlungsreich: Tom Waits), der sie mit allerlei „nicht tödlichen Waffen“ (Tornado aus der Büchse) ausstattet sowie dem so was von mysteriösen Sphinx (eloquent und verschroben: Wes Studi, „Der mit dem Wolf tanzt“). Er trainiert die Truppe für den Kampf der Kämpfe. Und dieser entscheidende Zwist kommt schneller als ihnen lieb ist.

Aus der bissigen Vorlage „The Flaming Carrot“, auf dem Kinka Ushers bisher einzige Regiearbeit basiert, wurde für die Verfilmung wenig adaptiert. Mit einer humanoiden Karotte mit flammendem Oberhaupt hätte man wohl auch kaum jemanden ins Kino gelockt. So wurden nur die Nebenfiguren Mr. Furios, The Shoveller und Dr. Heller übernommen, die in der gezeichneten Version tatsächlich als „Mystery Men“ agieren. Alle anderen in der Kinoversion erscheinenden Charaktere wurden extra erdacht. Manche davon, wie etwa der Blaue Raja, Casanova Frankenstein oder besonders Sphinx (ganz besonders Sphinx!) kann man wirklich als gelungen bezeichnen, da man sie in ihrer Exklusivität einfach nur gern haben muss. Andere hingegen, etwa der unsichtbare dicke Junge oder die geheimnisvolle Bowlerin, sind leider nur zu konturlosen und redundanten Randerscheinungen verdammt.

Dennoch hat der Film genügend schräge und gut umgesetzte Ideen, um andere Gurken des parodistischen Metiers, solche wie „Superhero Movie“ oder „Catwoman“ (is´ klar, ne?), methusalemisch alt aussehen zu lassen. Die organisierte Suche nach weiteren Mitgliedern für das Team ist ein Highlight, wenn nicht gar das Highlight von „Mystery Men“. Die Casting-Teilnehmer, etwa der Waffler („Ich bin der Waffler! Mit meinem Waffeleisen der Gerechtigkeit prügle ich die Bösewichter in die Flucht! Oder ich verbrenne ihnen die Wange… UND ich habe noch mein Wahrheitssirup…“) oder der Pencil-Man inklusive seinem Sidekick (der Sohn des Pencilman!) könnten kaum schräger sein.

Darüber hinaus ist Wes Studi als enigmatischer Lehrmeister der bunt zusammen gewürfelten Truppe in jeder Sekunde ein Knaller. Seine Aphorismen, von denen alle außer Furios vollends begeistert sind, regen jedes Mal zum Schmunzeln an. „Wenn ihr euch um euer Äußeres kümmert, wird sich euer Inneres um euch kümmern“ oder „Wer das Training in Frage stellt, trainiert nur, Fragen zu stellen“ sind nur zwei der Highlights aus Sphinx´ unerschöpflichem Fundus der Pseudo-Philosophien. „Mystery Men“ hat trotz seines parodistischen Ansatzes alle heiligen Ingredienzien, die eine Comicverfilmung haben muss: Merkwürdig kostümierte Helden, die meist noch über sich hinauswachsen müssen und abgrundtief böse Opponenten. Trotz stilistischer Brüchen und kleinerer Längen (vor allem bei Stillers Romanze mit Claire Forlani, „Rendezvous mit Joe Black“) ein zitatreiches Vergnügen – und das nicht allein für Comicfans!

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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