Früher zählte Luc Besson zu den Granden des modernen Kinos. Seine Filme waren wild, eigenwillig und bisweilen abgründig. Mit „Nikita“ (1990), „Léon – Der Profi“ (1994) oder „Das fünfte Element“ (1997) schuf er Klassiker verschiedener Genres. Danach, vorrangig als Produzent, verlegte er sich auf flaches Actionkino, das den Geist Hollywoods nach Europa trug. Bei späteren Regiearbeiten (u. a. „Lucy“) fand er nicht mehr zu alter Form zurück. Das belegt auch die überfrachtete Science-Fiction-Banalität „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“, bei der Besson in Personalunion aus Regisseur, Autor und Produzent versucht, an die visionäre Extravaganz des erwähnten „Fünften Elements“ anzuknüpfen.
Besson will viel und bietet wenig. Nicht fürs Auge, dahingehend liefert er rauschhaft artifizielle Bildfolgen mit prächtigen Computerwelten, die es in dieser Form noch nie auf der großen Leinwand zu sehen gab. Die auf den französischen Comics „Valerian und Veronique“ basierende Story hingegen hinkt hoffnungslos hinterher. Deren Auftakt – im Anschluss an eine gemächlich ausgebreitete Einleitung samt Kurzauftritt von Rutger Hauer („Blade Runner“) – bildet der Untergang der fantasievollen Ozeanwelt Mül, in der Aliens aus dem „Avatar“-Baukasten mit wundersame Perlen erzeugenden Kleintieren das Gleichgewicht der Natur bewahren. Der wahre Kontext der Katastrophe erschließt sich erst später. Doch der Weg dorthin ist lang, bisweilen gar langatmig.
Beschritten wird er vom jungen, fahrlässig unsympathisch figurierten Agenten Valerian (bemüht lässig: Dane DeHaan, „A Cure for Wellness“) und seiner reizenden Kollegin Laureline (der eigentliche Star des Films: Cara Delevingne, „Suicide Squad“). Die stehen im 25. Jahrhundert in Diensten der Regierung der menschlichen Territorien. Ihre Aufgabe: die Aufrechterhaltung der Ordnung im Universum. Ihr jüngster Auftrag führt sie auf den Wüstenplaneten Kyrion, wo sie das letzte der besagten Tierchen auf einem virtuellen Basar konfiszieren sollen. Bereits diese Episode verdeutlicht mit Dimensionen überwindender Spezialausrüstung (und mehr noch den damit verknüpften Problemen) die überbordende Fantasie Bessons. Nur leider wirkt „Valerian“ zu häufig wie eine lose Stoffsammlung, der ein strukturierter, einender Überbau fehlt.
Die pointiert neckischen Ermittler zieht es darauf in die interstellare Metropole Alpha, die, anders als es der Titel suggeriert, kein Konglomerat verschiedener Planeten ist, sondern vielmehr eine über Jahrhunderte zu immenser Größe gewachsene Raumstation, die von unzähligen außerirdischen Spezies, Kulturen und Gewerken bevölkert wird. In diesem kuriosen, faszinierend detailversessenen Schmelztiegel berichten Valerian und Laureline ihrem Vorgesetzten, Commander Arün Filitt (Clive Owen, „The Knick“), von den jüngsten Geschehnissen und erfahren im Gegenzug von einer radioaktiven Zone, die den Fortbestand von Alpha gefährdet. Als erst Filitt verschleppt wird und dann auch noch Laureline verschwindet, setzt Valerian alles daran, die begehrte Partnerin zu retten und die Hintergründe der mysteriösen Todeszone zu ergründen.
Dass sich Bessons fraglos beeindruckender Ideenfundus nicht allein aus anderen Quellen speist, sondern zu einem guten Teil dem eigenen Oeuvre, stört angesichts der optischen Brillanz nicht weiter. Mehr schon, dass „Valerian“ in seinen knapp 140 Minuten erzählerisch zunächst nicht richtig in Gang kommt und danach auf einen Verschwörungsplot setzt, dessen epischer Anstrich von einer oft leidlich komischen Nummernrevue konterkariert wird. Für die stehen u. a. Ethan Hawke („Die glorreichen Sieben“) als flippiger Zuhälter und Rihanna („Ocean’s 8“) als gallertartiger Gestaltwandler. Die Riege der Nebendarsteller umfasst auch John Goodman („Atomic Blonde“), der im Original dem bulligen Alien Igor Siruss die Stimme leiht. In Sachen Ausstattung, Kostüme und Effekte ist der Film über jeden Zweifel erhaben. Schade, dass die narrative Ausgestaltung diesem Niveau nur schwerlich folgen kann.
Wertung: (6 / 10)