Dem Western-Revival der Neunziger konnte sich auch Kult-Regisseur Sam Raimi („Tanz der Teufel“) nicht entziehen. Noch bevor er mit dem Thriller-Drama „A Simple Plan“, wie einst Peter Jackson mit „Heavenly Creatures“, zeigte, dass er dem Underground-Splatter entwachsen war, ließ er es in „The Quick and the Dead“ noch einmal zünftig krachen. Mit einer fast verschwenderischen Starbesetzung, verspielter Optik und furioser Revolver-Action verbeugte er sich tief vor dem Italo-Western, dessen klassische Klischees am Rande der Parodie überlebensgroß variiert werden.
Das zeigt sich bereits an der Darstellung des selbstredend auf Rache sinnenden Fremden ohne Namen. Denn der ist eine sie und im Umgang mit dem Schießeisen nicht weniger versiert als ihre männlichen Gegenüber. Den Zigarillo raucht sie wie einst Clint Eastwood unter Sergio Leone – nur trug der keine Designer-Sonnenbrille durchs von Schurkenhand unterdrückte rurale Kaff spazieren. Gespielt wird die zwar toughe, doch ebenso aufgewühlte und verletzliche Heroine Ellen von Sharon Stone („Basic Instinct“), die zugleich als Produzentin fungierte. Sie will dem grausamen Patriarchen Herod (Gene Hackman) zur Strecke bringen, der die Verantwortung für den Tod ihres Vaters (Gary Sinise, „Apollo 13“) trägt.
Hackman, der für seine Darbietung in Eastwoods „Erbarmungslos“ den Oscar als Bester Nebendarsteller erhielt, gefällt sich in der Rolle des unbarmherzigen Scheißkerls offenkundig. Wie alle Beteiligten legt er sich mächtig ins Zeug, um seiner Figur im Zuge opulenter Überdramatisierung das nötige Profil zu verleihen. Dabei traf der Begriff Pferdeoper selten trefflicher auf einen Western zu. Im Kern wirkt das Szenario fast melodramatisch, überzogene Charaktere und der immense Spielwitz machen „The Quick and the Dead“ aber zu einem schier rauschhaften Vergnügen. Den perfekten Rahmen dazu schafft ein von Herod initiiertes Duell-Turnier, bei dem er jedem Feind durch seine Teilnahme die Gelegenheit zur Konfrontation bietet.
So festigt er, der an jedem in seiner Stadt umgesetzten Dollar 50 Cent verdient, seine Macht. Denn der sesshaft gewordene Desperado ist ein Scharfschütze von besonderem Kaliber. Das beeindruckt auch Ellen, die nur widerwillig und nach Vorführung ihrer Schießkünste zum Turnier zugelassen wird. Neben Herods von ihm nie anerkanntem Sohn Kid (Leonardo DiCaprio, „This Boys Life“) nimmt auch sein alter Weggefährte Cort (Russell Crowe, „Gladiator“) am Ausschießen teil. Wenn auch nicht freiwillig, hatte er der Gewalt doch abgeschworen und sich Gott zugewandt. So kreist Raimi mit stetem Augenzwinkern und der üblichen visuellen Extravaganz (natürlich inklusive der für ihn stilprägenden abrupten Zooms) um persönliche Tragödien und stilisiertes Sterben im Straßenstaub.
Der saucoole, mit grotesker Gewalt gespickte Spaß-Western zeigt seinen Anspielungsreichtum zudem durch erlesen besetzte Nebenrollen. So ist Spaghetti-Western-Veteran Woody Strode („Keoma“) als Bestatter zu sehen, während Pat Hingle, der mit Clint Eastwood unter anderem in „Hängt ihn höher“ spielte, den Barmann gibt. Neben ihnen sind es gestandene Mimen wie Lance Henriksen („Harte Ziele“), Keith David („Das Ding aus einer anderen Welt“), Mark Boone Jr. („Trees Lounge“) oder der spätere „Saw“-Star Tobin Bell, die dies Ironie-durchsetzte Spektakel zu einem übermütigen Vergnügen machen. Da passt es natürlich auch, dass Raimi die halbe Westernstadt im Showdown in Rauch aufgehen lässt.
Wertung: (7,5 / 10)