Auch „The Killing Machine“ zeigt Sonny Chiba in einer Rolle, die direkt aus dem Leben gegriffen ist. Der von Noribumi Suzuki („Sex & Fury“) furios inszenierte Film basiert auf wahren Begebenheiten. Lediglich Namen und Orte, so will es die Anfangseinblendung, seien geändert worden. Und mit ihnen, man erinnere sich Chibas auf dem Wirken seines Mentors Masutatsu Oyama basierenden „Karate“-Trilogie, auch die Darstellung der reellen Ereignisse. Aber sei es drum, immerhin verarbeitet das packende Action-Drama binnen 90 Minuten Schicksalsschläge und Begebenheiten, die mancher Seifenoper Stoff für mehrere Jahre bieten könnten. Nur eben abzüglich der glänzenden Kampfszenen.
Wie so oft bei Toei-Produktionen der frühen Siebziger dient der Vorspann der Vorführung von Martial Arts-Übungen. Ihnen folgt eine kurze Einführung über die Kampfkunst des Shao Lin-Kung Fu, dessen Ziel es ist, Körper und Geist zu einen. Bei Doshin Soh (Chiba) hat das funktioniert. Während des Zweiten Weltkriegs betätigt er sich als Geheimagent für die japanische Armee und erhält immer wieder Gelegenheit, den Feind von der Perfektion seiner Fähigkeiten zu überzeugen. Doch mit der bedingungslosen Kapitulation des Kaiserreichs bricht für ihn eine Welt zusammen. Mehr noch empfindet er die Niederlage als Schmach. Im von amerikanischen Streitkräften besetzten Osaka stellt er sich bald jeder Ungerechtigkeit entgegen und gerät immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt.
Wieder wird Chiba zum Ausdruck der verletzten japanischen Seele nach 1945. Das schließt auch politische Seitenhiebe auf das gespannte Verhältnis zu Korea ein. Trotz Sohs Erinnerungen an die harte und entbehrungsreiche Kindheit ist „The Killing Machine“ aber kein Film wehmütiger Rückschauen. Vielmehr soll der Blick mit dem aufrechten Helden nach vorn gewandt werden. Denn der hilft und ermutigt, wo keine Hoffnung ist. Er steht den hungernden Straßenkindern bei und nimmt sich der Hure Kiku (Yutaka Nakajima, „The Street Fighter“) an. Immer wieder gerät Soh mit der Unterwelt in Konflikt und prügelt den Verbrechern Vernunft ein. Als die ein junges Mädchen vergewaltigen, entmannt er den Hauptschuldigen mit einer Schere und wirft das abgeschnittene Glied in die Gosse, wo es (Exploitation-Fans aufgepasst!) von einem Hund verspeist wird.
Ungeachtet des von Chibas Figur ausgehenden Optimismus zeichnet der Film ein düsteres und für die damalige Unterhaltungskultur ungewohnt selbstkritisches Bild des zerrütteten Nachkriegs-Japan. Die Erzählung ist einmal mehr überdramatisiert und oft theatralisch, verbindet aber konstant mitreißend zeitgenössisches Schmuddelkino mit Tiefgang. Für seinen Racheakt wird Soh zum Tode verurteilt, der ihm wohlgesonnene Polizeichef lässt ihn jedoch fliehen. In Shikoku eröffnet er schließlich eine Kampfschule und erfreut sich bald großer Beliebtheit. Neben Otaki (Makoto Satô, „Die verborgene Festung“), der seine im Krieg von ihm getrennte Frau sucht, unterrichtet er auch den gebrochenen Veteran Tomada (Naoya Makoto).
Doch auch im Exil stößt sein Einsatz auf Widerstand. Die örtlichen Yakuza paktieren mit skrupellosen Bauunternehmern und beanspruchen auch den Grund für sich, auf dem Soh seine Schule betreibt. Als Tomada von den Gangstern einen (Plastik-)Arm abgeschlagen bekommt, ist das Maß voll. Bevor Chiba im harten Finale aber wieder zeigen kann, welch ausgezeichneter Kämpfer er ist, reist er nach Osaka zurück, um der schwer kranken Kiku beizustehen. Pathos und Heldentum ist das bisweilen zu viel, aber Suzukis mitreißende Inszenierung machen den von Shorinji Kempo-Gründer Doshin So inspirierten Film zu einem Fest für Genrefans.
Wertung: (7,5 / 10)