Um die Person von Martial Arts-Ikone Masutatsu Oyama ranken sich zahlreiche Legenden. Großen Anteil daran hat der von Ikki Kajiwara 1971 geschriebene Manga, der zwei Jahre später erfolgreich in eine recht freie 47-teilige Anime-Serie adaptiert wurde. 1975 kam Oyama auch zu Leinwandehren, als ihn Kinostar Sonny Chiba („The Street Fighter“), überdies einer seiner bekanntesten Schüler, in einer Spielfilm-Trilogie portraitierte. Mit der Wahrheit nahmen es die Macher im Sinne der Mythenbildung allerdings nicht allzu genau.
Unter dem Namen Choi Yeong-eui wurde Oyama 1923 in Süd-Korea geboren. Mit 15 ging der Begründer des Kyokushin-Karate nach Japan, wo er in eine Flugschule der kaiserlichen Armee eintrat. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs widmete er sich vollständig der Ausbildung verschiedener Kampfkünste, eröffnete 1953 sein erstes Dojo und machte seine Philosophie des Vollkontakt-Karate weltberühmt. Der von Kazuhiko Yamaguchi („Karate Warriors“) gedrehte „Karate Bullfighter“ (Alternativtitel: „Champion of Death“) deutet die Vorgeschichte höchstens an und steigt 1949 mit dem ersten Martial Arts-Turnier ein, das die amerikanischen Besatzer den Japanern gewährten.
In zerschundenen Kleidern mischt sich Oyama unter die 48 auserwählten Kämpfer, zerschlägt 17 Dachziegel und besiegt, sehr zum Unwill des Vorsitzenden Nakasone (Mikio Narita, „Ninja Wars“), den Titelaspiranten Nanba (stand Chiba auch in den ersten beiden „Street Fighter“-Filmen gegenüber: Masashi Ishibashi). Für Nakasone ist Karate ein charakterstärkender Sport. Diese Aufweichung des Vollkontaktes kommt für Oyama, dessen Stil jede Eleganz und Würde abgesprochen wird, jedoch einem kraftlosen Tanz gleich. Aus dieser Diskrepanz entsteht eine Fehde, die letztlich in einen Kampf auf Leben und Tod gipfelt.
Bevor es aber so weit kommt, hält die beflügelte Fantasie der Autoren einige Schicksalsschläge für Oyama bereit. So vergewaltigt er Dolmetscherin Chiyako (Yumi Takigawa, „Graveyard of Honor“), die er aufgrund der Nähe zum US-Militär als Prostituierte vermutet. Er wird verhaftet und kämpft gegen einen schwarzen Boxer um seine Freiheit. Während sich zu Chiyako trotz des Missbrauchs eine zögerliche Beziehung entwickelt, wird der hitzköpfige Ariake (Chibas jüngerer Bruder Jiro, „Kagemusha“) sein Schüler. Doch Oyama unterschätzt die Brutalität seines Karate, die, als Ariake durchdreht, zu einer Spirale der Gewalt führt.
Frustriert gibt sich der umstrittene Ausnahmekämpfer, der dem Titel entsprechend in einer packend montierten Sequenz tatsächlich einen wildgewordenen Stier mit bloßen Händen tötet, dem Alkohol hin und erschlägt betrunken einen Kleingangster. Vor der Witwe des Toten und ihrem Sohn schwört Oyama nie wieder Karate zu praktizieren. Er verlässt Chiyako und stellt sich, um seine Schuld zu überwinden, als Knecht in den Dienst der Hinterbliebenen. Ein Jahr später, kurz vor dem zweiten Kampfkunst-Wettstreit der Nachkriegszeit hetzt ihm Nakasone einen Killer auf den Hals. Mit dem Segen der Witwe kehrt Oyama zum Karate zurück und fordert den Kontrahenten zum entscheidenden Duell.
Bei dem stellt sich ihm neben Nanba aber die gesamte Schülerschaft Nakasones entgegen, was den furios aufspielenden Chiba einmal mehr zu Höchstleistungen treibt. Die hektische, fast dokumentarische Kamera verleiht den Kampfszenen in ihrer Direktheit eine außergewöhnliche Intensität. Dem gegenüber stehen anmutig fotografierte farblose Rückblicke in die Zeit des Krieges und Oyamas einsames Training in der Abgeschiedenheit der Natur. „Karate Bullfighter“ ist ein mitreißendes, wenn auch dramaturgisch überfrachtetes und nicht immer glaubhaftes Portrait eines so leidenschaftlichen wie kontroversen Kämpfers. Stark gespielt und mit immenser Wucht inszeniert, muss dieser Film zu den Höhepunkten in Chibas Karriere gezählt werden.
Wertung: (8 / 10)