Schwarzer Blitz (RUS 2009)

schwarzer-blitzKennt eigentlich jemand einen russischen Superhelden-Comic? Meine Wenigkeit schimpft sich selbst Vollblut-Comicfreak. Aber außer einigen Figuren wie Black Widow, Black Star oder Red Guardian (allesamt aus dem Hause Marvel), die ihre Fähigkeiten (nicht nur) im Dienste von Mütterchen Russland einsetzen, spuckt selbst das allwissende Internet kaum Brauchbares zum Topos aus. Aber wenn sich die verfilmten Abenteuer der superioren Spandexträger seit geraumer Zeit im kapitalistischen Westen als ziemlich rentabel erweisen, weshalb soll gleiches nicht auch in der ehemaligen UdSSR funktionieren? Dass man dort für minimales Budget teuer aussehende Genregranaten auf die Beine stellen kann, hat Timur Bekmambetov mit seinem „Wächter der Nacht“-Epos erfolgreich bewiesen.

Nachdem dieser mittlerweile sogar in den Staaten dreht und die Comic-Vverfilmung „Wanted“ inszenieren durfte, war er für die erste russische Superhelden-Plotte natürlich die allererste Wahl. Selbst wenn er letzen Endes nur die Rolle des Produzenten bekleidete. Der Witz bei „Chernaya Molniya“ (Originaltitel) ist, dass er streng genommen gar keine Comic-Verfilmung ist. Eine gezeichnete Vorlage, auf der er basieren kann, gibt es nicht. Doch liest man sich die Inhaltsangabe durch ist nicht zu übersehen, dass besonders die Odyssee eines überaus beliebten blauroten Strumpfhosenträgers nachgeahmt wird: Der junge Student Dima (Grigoriy Dobrygin) reift in einer nicht unbedingt wohlhabenden Familie langsam zum Mann heran, bekommt irgendwann ungeahnt enorme Macht in seine Hände gelegt, die er aber zunächst dafür nutzt, seinem Schwarm zu imponieren.

Als er aus Eitelkeit einen Raub geschehen lässt, stirbt sein Onkel, Pardon Vater. Fortan schwört er sich, sein ihn zum Supermann machendes Attribut nur noch im Kampf gegen die Ungerechtigkeit einzusetzen. Auch wenn Dima nicht von einer genmanipulierten Spinne oder Fledermaus gebissen wird, sondern „nur“ hinter dem Steuer eines fliegenden Volgas sitzt, ist die Parallele zu Sam Raimis „Spider-Man“ unübersehbar. Des Recyclings nicht genug, darf Dimas unschlüssiges Love Interest Nastya (Ekaterina Viklova) natürlich zuerst mit seinem (wohlhabenden) Freund anbandeln, um sich dann aber doch in den geheimnisvollen Rächer im fliegenden „Herbie“ verlieben zu können. Am Schluss dann darf sie einsehen, dass ein i-Phone, dicker Benz und sogar Superkräfte nicht ausschlaggebend sind für die Liebe! Ach, als würde Stephenie Meyer auf Leo Tolstoi treffen. Und Stan Lee.

Dimas Chef im Blumenladen ist zwar nicht so überdreht wie Peter Parkers Zeitungsvorgesetzter J.J. Jameson, aber in die Wolle bekommen sich die zwei auch ständig. Der Antagonist darf im Laufe des Films natürlich Herr über sein eigenes schwebendes Vehikel werden (ein Mercedes, der nach dem Tuning sicherlich nicht zufällig wie Doc Browns DeLorean anmutet), um im effektgeladenen Showdown natürlich den Kürzeren zu ziehen. Der Ursprung der Tricks aus dem Rechner ist nicht selten allzu offensichtlich, was nicht zum Staunen verleitet, wohl aber noch immer bewundernswert ausfällt. Zumal in Russland mit einem finanziellen Bruchteil dessen produziert wird, was in westlichen Großproduktionen mittlerer Standard ist.

Es ist schade um den ersten russischen Superhelden-Beitrag, der alles andere, nur nicht russisch ist. Mit Bekmambetov auf dem Regiestuhl soll der schwarze Flitzer demnächst natürlich ein US-Remake bekommen. Wohlgemerkt die Neuverfilmung eines Streifens, der angefangen bei der Story über die Figurenzeichnung bis hin zum finalen Duell selbst bis ins kleinste Detail Hollywood ist. Auch wenn man hier ausschließlich Wodka und nicht Bourbon trinkt.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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