„Masters of Horror“ ist eine 13-teilige, fürs US-Fernsehen produzierte Serie, die an das Prinzip der „Tales from the Crypt“ – hierzulande unter dem Titel „Masters of Horror“ auf Video erschienen – anknüpft. In knapp einstündigen, in sich abgeschlossenen Episoden toben sich namhafte Regisseure wie Stuart Gordon („Re-Animator“), Don Coscarelli („Das Böse“) oder Takashi Miike („Ichi the Killer“) abseits der internationalen Leinwände aus, um dem kommerzialisierten Fach des Horrorfilms neuen Schrecken zu verleihen.
„Jenifer“ ist der Beitrag von Giallo-Papst Dario Argento („Suspiria“). Darin verhindert der Polizist Frank Spivey (Steven Weber, „Leaving Las Vegas“) während eines Einsatzes die kaltblütige Ermordung einer jungen Frau (Carrie Anne Fleming, „Edison“). Aus Barmherzigkeit nimmt er sich der verwaisten Jenifer an, deren Gesicht schrecklich entstellt ist und die sich einzig durch animalische Laute verständigen kann. Die Unterbringung in seinem Haus ist als Übergangslösung gedacht, erwächst aber zum Dauerzustand, als Frank ihr verfällt und seine Familie überstürzt das Weite sucht. Doch lodert in Jenifer eine Gier, die eine akute Gefahr ihres Umfelds bedeutet. Selbst Frank muss bald erkennen, dass ihrem grausamen Treiben Einhalt geboten werden muss.
„Jenifer“ ist eine krasse, im Gegenzug aber wenig sinnige Episode der „Masters of Horror“. Altmeister Argento serviert Sex und freigelegtes Gedärm in Reinkultur, vernachlässigt über saftige Schocks aber die Auskleidung der Charaktere. Entsprechend steht der Film ganz im Schatten der Effektkünstler Greg Nicotero und Howard Berger (u.a. „From Dusk Till Dawn“), die in Sachen Blut und Make-Up ganze Arbeit geleistet haben. Bevor Frank die behördlich abgeschobene Jenifer aus einer Anstalt zu sich holt, heißt es, das System fräße die Hilflosen. In Anbetracht der daran geknüpften Ereignisse steht das System damit nicht allein da.
Das Drehbuch, geschrieben von Hauptdarsteller Steven Weber nach einer Kurzgeschichte von Bruce Jones, wirkt um die derben Effekte herumgebastelt. Die Dialoge sind streckenweise arg banal geraten, die Handlungsmuster der Protagonisten selbst unter den Gesichtspunkten filmischer Gruselfantasie unglaubwürdig. Allerdings ist Dario Argento zu sehr Routinier, um nicht das Höchste aus der durchwachsenen Vorlage herauszuholen. Zart besaitete Zuschauer werden ob der Explikation körperlicher Schändung – politisch inkorrekt besonders bei Hauskatze und Nachbars Töchterlein – sicher verschreckt.
Einen echten Argento darf man nicht erwarten. „Jenifer“ ist eine Auftragsarbeit, bei der Italiens Kultregisseur nur im Detail seine Handschrift offenbart. Die Kalkulierbarkeit der Geschichte tötet die Spannung, Claudio Simonettis („Zombie – Dawn of the Dead“) eindringlicher Score verhindert schlimmeres. Trotz seiner Schwächen wirkt die Episode nach und verfehlt zumindest als Angriff auf den guten Geschmack seine Wirkung nicht.
Wertung: (6 / 10)