Blickt man auf Aristide Massaccesis Schaffen als Filmemacher zurück, lässt sich nicht unbedingt viel Qualität herausfiltern. Kein Wunder, kennt man Massaccesi ja auch besser als Joe D´Amato – nur eines von seinen 42 (!) Pseudonymen übrigens. Von Beruf Schundfilmer, war er in sämtlichen Genres unterwegs, deren günstig produzierte Beiträge meist in fünf bis sechs Drehtagen im Kasten waren. Neben „Porno Holocaust“ (einen absurderen Filmtitel dürfte es auch außerhalb des Zombiefilms kaum je gegeben haben) und den Barbaren-Streifen um „Ator“ ist „Man-Eater“ wohl sein bekanntestes und überdies berüchtigtstes Werk.
Das Kinoplakat warnte seinerzeit vor dem brutalsten Film aller Zeiten, um den Personen mit zartbesaitetem Gemüt, Herzkranke und Schwangere einen immens großen Bogen schlagen sollten. Besonders die Letztgenannten hätten auch wirklich einen guten Grund dazu. Das lange Zeit indizierte Poster müsste im Prinzip jedermann, der auch nur ein bisschen Anspruch für sich postuliert, eine Warnung sein. Zwischen dem billigen, immerhin aber im Gedächtnis haftend bleibenden Splatter buhlt knappe 90 Minuten lang ein laues Lüftchen als Geschichte getarnt um das Interesse des Zuschauers.
Eine Gruppe Touristen landet auf der griechischen Insel, auf der der Anthropophagus (so der Originaltitel) sein Unwesen treibt. Dieser hat bereits weite Teile der Dorfgemeinschaft aufgegessen und verlangt nun Nachschlag. Wer da auf der Speisekarte landet, sollte vom Fleck weg klar sein. Zwischendurch erfährt man gar, wie der garstige Geselle zum Kannibalen wurde. Mit Weib und Kind trieb er in grauer Vorzeit in einem kleinen Boot auf hoher See. Nach Tagen ohne Speis und Trank verlor jener Nikos Karamanlis (Exploitation-Ikone George Eastman) den Verstand und verputzte seine Lieben. Er hätte ja auch schlecht das Boot essen können, da wären ja gleich alle ertrunken.
Der wirklich miesen Inszenierung ist es sicher nicht zu verdanken, dass sich immerhin die Splatter-Fraktion noch an dies grottige Teil erinnert. Allein die durchaus Grenzen überschreitenden Gewalttätigkeiten, die zur Entstehungszeit des Jahres 1980 sicher einen noch rabiateren Beigeschmack hinterließen, verleiten gegenwärtig Menschen in den Irrglauben, D´Amatos Schocker müsste sich mit dem Ruhm eines Kult-Klassikers schmücken. Eigentlich sind es gerade einmal zwei Szenen, darunter die berühmt berüchtigte Babyszene, in der Nikos der schwangeren Touristin den Fötus herausreißt, um ihn hinunter zu schlingen (für den Frühgeborenen benutzte man übrigens einen gehäuteten Hasen).
Die andere bleibende Darstellung ist natürlich die Auto-Anthropophagie der Bestie am Schluss, die auch auf dem schon erwähnten Kinoplakat veranschaulicht wurde und die Nikos seine eigenen herausquellenden Gedärme fressen lässt. In Deutschland hatte es der Film nicht leicht. Der Prüfer der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ließ in seinem Bericht zur Beschlagnahme verlautbaren, dass sogar schon eine Anzeige wegen Körperverletzung in Betracht gezogen wurde, da das Machwerk zum Brechreiz und körperlichen Beschwerden geführt habe. Wer hätte gedacht, dass man mit der modernen Inquisition der Filmwirtschaft mal einer Meinung wäre. Wenn auch auf einer etwas anderen Ebene.
Wertung: (3 / 10)