Im italienischen (Horror-)Thriller wurden Frauen oft auf wenig schmeichelhafte Attribute reduziert. Mit nackter Haut dienten sie dem vornehmlich männlichen Publikum als Blickfang. Daneben mussten sie sich ohne nennenswerte Wehrhaftigkeit abschlachten lassen. Diese archaische Geschlechterspezifik zieht sich auch durch „A Blade in the Dark“, den zweiten Film von Mario Bavas Sohn Lamberto („Macabro“). Der hatte sich seine Sporen zuvor als Regie-Assistent (u.a. bei Ruggero Deodatos „Cannibal Holocaust“) verdient und erwies sich als solider bis geschickter Handwerker, als es darum ging den 1980 verstorbenen Vater im Giallo zu beerben.
„Das Haus mit dem dunklen Keller“, wie der Film in Deutschland auch genannt wird, krankt an seiner Prämisse. Die Vorgabe an das Autoren-Paar Elisa Briganti und Dardano Sacchetti („Woodoo – Schreckensinsel der Zombies“) war simpel: Als Drehort sollte das Anwesen von Produzent Luciano Martino („Der Berserker“) fungieren und im Halbstundentakt eine Frau ermordet werden. Na wenn’s weiter nichts ist! Aber weiter ist tatsächlich nichts, denn der Plot um Filmkomponist Bruno (Andrea Occipinti, „Der New York Ripper“), der in der Villa den Soundtrack für einen Horror-Streifen kredenzen soll, ist schon reichlich schwach auf der Brust. Raus reißt es Lamberto Bava, der als versierter Genre-Kenner ansprechend an den Stellschrauben für Spannung und Blutverlust dreht.
Verschiedene Frauen aus der Nachbarschaft machen Bruno schöne Augen und werden kurz darauf rüde von einem wahnsinnig kichernden Unbekannten ums Leben gebracht. Die erste ist Katia (Valeria Cavalli, „Mother of Tears“), deren Tagebuch Hinweise auf ein dunkles Geheimnis birgt. Aber wessen? Während der Musiker rätselt, klickt anderorts das Teppichmesser. Erst wird das Bild einer barbusigen Frau in einer Zeitschrift zerschnippelt, danach die (arg) wehrlose Katia. Inklusive Ankündigung und nachträglichem Schleifen der Toten durch Keller und Garten ist das erste Drittel bereits passé. Einen ganz üblen Job können Briganti und Sacchetti also doch nicht gemacht haben.
Der sich zusehends wundernde Bruno begibt sich alsbald auf Spurensuche. Dazwischen funken mal seine Schauspielerfreundin oder der Auftraggeber (Regie-Kollege Michele Soavi, „Dellamorte Dellamore“). Eine weitere Nachbarin kommt zum Schwimmen im Pool vorbei. Im Badezimmer wird sie so effektvoll wie übertrieben sadistisch mit einem Küchenmesser hingerichtet. Der Schock sitzt und die Indizierung rechtfertigt sich allein in dieser Sequenz. Aber wie schafft es der Killer/die Killerin den Raum so geschwind von nahezu sämtlichen Spuren zu befreien? Logik ist ein eben solch bedeutungsloser Zaungast wie der als Alibiverdächtige herhaltende Gärtner (spielte auch in Bavas „Macabro“: Stanko Molnar).
Clever ist der Film sicher nicht. Dafür aber effektiv. Mit rund 104 Minuten Lauflänge allerdings deutlich zu lang. Aber Bavas Gespür für Stimmung und Timing runden den groben Klotz spürbar ab. Horrorstimmung kommt bereits beim Prolog auf, in dem Blondbübchen Giovanni Frezza („Das Haus an der Friedhofsmauer“) in den besagten dunklen Keller hinabsteigen muss. Woher das Motiv des Killers rührt, ist da nicht schwer zu erraten. Trotz akuter Überraschungsarmut und schlichtem Schauspiel ist „A Blade in the Dark“ ein routinierter und schnörkelloser Psycho-Thriller. Die kompetente Machart, der solide Score von Guido und Maurizio de Angelis („Die weiße Göttin der Kannibalen“) und der deftige Gewaltschock im Bad sorgen letztlich für einen Giallo al dente. Papa Mario wäre zufrieden gewesen.
Wertung: (6 / 10)