Gibt es ein Leben nach Jay und Silent Bob? Für Kultregisseur Kevin Smith („Clerks“, „Dogma“) in jedem Fall, zeigt der 34-jährige Independent-Filmer mit seinem sechsten abendfüllenden Spielfilm doch Ambitionen, seine künstlerische Freiheit zurückzugewinnen. Aus eben diesem Grunde verzichtet Smith bei „Jersey Girl“ nicht nur auf die inhaltliche Integration der beiden Anarcho-Slacker, sondern klammert auch den derben Wortwitz früherer Werke rigoros aus. Statt dessen wälzt Smith Busenkumpel und Minimal-Mime Ben Affleck („Pearl Harbor“), sowie Latino-Queen Jennifer Lopez („Gigli“) und Elbenprinzessin Liv Tyler („Der Herr der Ringe“) in einer konventionellen Selbstfindungsposse nach bewährtem Strickmuster.
Darin verkörpert Affleck den angesagten New Yorker Musikpublizisten Ollie Trinke, der mit seiner großen Liebe Gertrude (Lopez) ein Kind erwartet. Als diese jedoch bei der Geburt verstirbt, wird Ollies Leben auf der Überholspur völlig aus der Bahn geworfen. Als er dann auch noch seinen Job verliert, beschließt Ollie die Brocken hinzuwerfen und zusammen mit seiner Tochter in das Haus seines trinkfesten Vaters (George Carlin, „Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit“) nach New Jersey zu ziehen. Sieben Jahre später arbeitet der einstige Erfolgsmensch als städtischer Angestellter ohne Interesse am anderen Geschlecht. Die einzige Frau in Ollies Leben ist seine Tochter, die kleine Gertrude (Raquel Castro). Zumindest, bis die flippige Videothekenangestellte Maya (Tyler) in sein Leben tritt und die angestaubte Gefühlswelt des alleinerziehenden Vaters kräftig durcheinanderwirbelt.
Bemüht, obgleich ohne den nonkonformen Charakter seiner bissigen New Jersey-Trilogie, beschreitet Kevin Smith mit „Jersey Girl“ etablierte Trampelpfade bekannter Genrespezifik. Das ebenfalls seiner Feder entstammende Skript buhlt mit sympathischen Charakteren und einem Schuss Ironie um die Gunst des Zuschauers, unterliegt jedoch im ständigen Zwist mit vorhersehbarer Dramaturgie und ausgewalzten Klischees. Die obligatorische Schulaufführung als Messlatte väterlicher Liebe darf dabei ebenso wenig fehlen, wie die simpel gestrickte Moral zum Ausklang. Doch ist „Jersey Girl“ dank flotter Inszenierung und einer sehenswerten Darstellerriege eine ebenso unterhaltsame wie belanglose Tragikomödie, seichtes Lustspiel und noch seichterer Problemfilm.
Angereichert mit den obligatorischen Cameoauftritten bewährter Smith-Mitstreiter, darunter Jason Lee („Mallrats“) und Matt Damon („Ocean´s Twelve“), darf „American Pie“-Lüstling Jason Biggs einmal mehr den sympathischen Lückenfüller mimen. Als elegante Dreingabe gibt sich Hollywoodstar Will Smith in einer entscheidenden Sequenz die Ehre der Selbstverkörperung, ehe „Jersey Girl“ das vorhersehbare Finale ansteuert. Nach dem kommerziellen Ausverkauf mit „Jay und Silent Bob schlagen zurück“ ist Kevin Smith ein wichtiger Schritt in Richtung künstlerischer Integrität gelungen. Zwar verfügt „Jersey Girl“ nicht über den galligen Humor der Gangart „Clerks“ oder „Chasing Amy“, doch offeriert der sympathische Streifen zumindest moderate Momente individuellen Charmes.
Selbst Ben Affleck mutet deutlich deplazierter an, als in den meisten seiner übrigen Filme. Doch schien die Interaktion des überschätzten Frauenschwarms mit Kevin Smith bereits in der Vergangenheit die gefälligste Seite des Oscarpreisträgers zu offenbaren. Weniger wegen seines darstellerischen Vermögens, als vielmehr aufgrund von Smiths solider Rollenzuteilung. Umso bedauerlicher, dass „Jersey Girl“ im Fahrwasser des schier endlosen Beziehungsbruchs zwischen Affleck und Jennifer Lopez nicht das kleinste Quäntchen Glück an den Kinokassen vergönnt war. Denn so schlecht wie seine finanzielle Ausbeute im Herstellungsland Amerika ist „Jersey Girl“ längst nicht.
Wertung: (6 / 10)