Excalibur (GB/USA 1981)

„The future has taken root in the present.“ – Merlin

Die Artus-Sage ist ein prägender Part von Englands Historien-Kosmos. In ihr spiegeln sich mittelalterliche Mythen, die über die Jahrzehnte eine stattliche Zahl internationaler Filmproduktionen begünstigten. Eine der schillerndsten und zugleich schmutzigsten ist „Excalibur“. John Boormans („Beim Sterben ist jeder der Erste“) mal düsteres, mal farbenfrohes Kinospektakel mag zweifelsfrei angestaubt erscheinen, bildgewaltige Unterhaltung mit (in Teilen versteckter) Starbesetzung ist aber bis heute garantiert. Denn enthalten ist alles, was die Mär vom Zauberschwert ausmacht: die feenhafte Frau im See, die das magische Artefakt überreicht, Zauberer Merlin (Nicol Williamson, „Robin und Marian“), der die Entwicklung des jungen König Artus (Nigel Terry, „Der Löwe im Winter“) lenkt, die Ritter der Tafelrunde und auch die Suche nach dem Heiligen Gral.

Folklore und Fantasy gehen bei Boorman, gekleidet in eine prachtvoll ausgestattete, theaterhafte Inszenierung, Hand in Hand. Bevor Artus aber zur Triebfeder der Geschichte wird, ist es im ausführlichen Prolog an seinem Vater, dem durch Excalibur zum König berufenen Uther Pendragon (Gabriel Byrne, „Die üblichen Verdächtigen“), das legendäre Schwert – und die Magie seines Gefährten Merlin – dafür zu nutzen, das gespaltene Land zu einen. Nur begehrt Uther die Frau (gespielt von Boormans Tochter Katrine) eines Herzogs und stattet ihr in veränderter Gestalt einen nächtlich nebelverhangenen Besuch ab, während ihr Gemahl parallel den Tod findet. Das aus dieser Liaison entspringende Kind ist Artus, der par Versprechen in Merlins Obhut übergeben wird. Der ihm zornig nacheilende Uther gerät in einen Hinterhalt und besiegelt damit sein Schicksal.

Dabei veranschaulicht sein Ableben, gerade gemessen an den Standards eines (in Deutschland) jugendfreien Films, mit welch archaischer Wucht Boorman die Scharmützel inszeniert: Männer in sichtlich schweren Rüstungen staksen unbeholfen durch den Wald und lassen ihre Waffen blutig auf die Körper ihrer Feinde niedergehen. Bevor Uther stirbt, rammt er Excalibur funkensprühend in einen Stein. König von England kann fortan nur werden, wer die Klinge aus dem Fels zu ziehen vermag. Jahre später, während eines Ritterturniers, ist es ausgerechnet Knappe Artus, dem zum Erstaunen aller gelingt, woran die stärksten Recken scheitern. Er wird neuer Regent und beschert seinem Reich mit Mut und Weitsicht eine Ära des Friedens. Mehr noch findet er in Guenevere (Cherie Lunghi, „Mission“) seine große Liebe. Doch gerade die gerät mit Ankunft des heldenhaften Lancelot (Nicholas Clay, „Das Böse unter der Sonne“) an Artus‘ Hof in folgenreiche Schieflage.

„Now, once more, I must ride with my knights to defend what was, and the dream of what could be.“ – Artus

Ursprünglich plante Boorman eine Verfilmung von Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Als das Projekt aufgrund des massiven Aufwands bereits in der Planungsphase scheiterte, bedeutete das auf Thomas Malorys klassischer Mittelalter-Erzählung basierende Ritter-Epos seine nach dem kommerziell gnadenlos gescheiterten „Exorzist II“ (1977) notwendige Rehabilitation. Die wird unter anderem dadurch untermauert, dass Boorman beim Filmfestival in Cannes den Preis für den besten künstlerischen Beitrag gewann. Durchaus zu Recht, denn formal ist das überraschend blutige Breitwand-Abenteuer ein cineastisches Fest. Allein die orchestrierten, auf Einleitung, Mittelteil und Schluss farblich abgestimmten Bilder – Kameramann Alex Thomson („Legende“) wurde für einen Oscar nominiert – mit ihrer streng auf Distanzeinstellungen und zentralperspektivische Arrangements ausgerichteten Komposition rechtfertigen den (erneuten) Sehgenuss.

Doch auch für die Ohren bietet „Excalibur“ einiges. Der stimmungsvoll altmodische Orchester-Soundtrack, der sich üppig beim Oeuvre Richard Wagners bedient, erreicht einen unvergesslichen Höhepunkt, wenn der alternde Artus mit seinen Rittern der Tafelrunde im Blütenregen zu Carl Orffs „Carmina Burana“ ins letzte Gefecht reitet. Den Anlass dafür gibt Mordred (Robert Addie, „Robin Hood“), der kriegerisch instrumentalisierte Sohn von Artus und seiner durchtriebenen Halbschwester Morgana (Helen Mirren, „Caligula“). Sie wendet dieselbe perfide Magie an, die Merlin einst nutzte, um Uthers Begierde zu stillen. Artus, durch die Beziehung zwischen Guenevere und Lancelot geschwächt, verlassen daraufhin die Lebensgeister. Rettung verheißt einzig die Suche nach dem Heiligen Gral, die Boorman mit Szenen von alptraumhafter Morbidität unterfüttert.     

Wenn es dem auch produzierenden und am Drehbuch beteiligten Regisseur eines vorzuwerfen gibt, dann ist es die zerfahrene Erzählung. Der mit rund 140 Minuten überlange Film wirkt selten stringent, was der mythischen Aura aber zugegeben atmosphärisch zuträgt. Damit geht „Excalibur“ als extravagantes Paradebeispiel für die „Stil über Substanz“-Formel durch – wenngleich diese hier allein dem visionären künstlerischen Anspruch unterworfen scheint. Die Besetzung bietet in Nebenrollen spätere Stars wie „Star Trek“-Captain Patrick Stewart, Liam Neeson („Schindlers Liste“) und Ciarán Hinds („Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“) auf. Auch sie leisten ihren Beitrag zum Gelingen eines handgemachten, auf seine Art bis heute einzigartigen Kinoerlebnisses. Der Artus-Sage wird damit besser genüge getan als in jeder anderen, entweder banalisierten oder romantisierten Verfilmung des Stoffes.  

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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