Evil Dead Rise (USA 2023)

„Who wants to rot next?“ – Ellie

Als Sam Raimi anno 1981 „Evil Dead“ (im Deutschen wurde daraus „Tanz der Teufel“) drehte, konnte er kaum ahnen, welche Dimensionierung der fiese, in unseren Breiten lange beschlagnahmte Low-Budget-Schocker über die Jahrzehnte erreichen würde. Zwei weiteren Teilen (1987 & 1993) und der Serienfortsetzung „Ash vs. Evil Dead“ (2015 – 2018) folgte mit dem Remake des Originals (2013) der Neuanfang – und die Emanzipation von Trägerfigur Ash Williams, die Darsteller Bruce Campbell Kult-Status bescherte. Diese Entwicklung wird mit der eigenständigen Ergänzung „Evil Dead Rise“ fortgeführt. Als Produzenten fungierten erneut Raimi, Campbell und Robert Tapert. Doch auch ihr Zutun kann nicht verhindern, dass der jüngste Teufelstanz mehr konventionelle Muster bedient als dienlich erscheint.

Dass Regisseur und Autor Lee Cronin („The Hole in the Ground“) Fans des Themas dennoch genug klassische (und ergänzende) Elemente beschert, sorgt unstrittig für standesgemäßes und grundlegend atmosphärisches Blutvergießen. Das unterstreicht gleich der Auftakt, bei dem die Kamera einmal mehr zum Tiefflug durchs Unterholz ausholt, sich im Spiel mit den Möglichkeiten der Moderne aber als Drohne entpuppt. Was folgt ist komprimierter Aderlass in und um eine abgelegene Hütte. Was auch sonst? Den Anspielungen ans Original ist bereits damit Genüge getan. Der eigentlichen Geschichte dient der zeitlich nachfolgende Einstieg jedoch nur als Vorwand, um die Exposition auf den Spuren von „Der Exorzist“ (1973) nicht zu langatmig zu gestalten.

In ihr vollzieht sich die Vorstellung einer höchst eigenwilligen Familie: Die alleinerziehende Ellie (Alyssa Sutherland, „Vikings“) ist Tätowiererin, Tochter Bridget (Gabrielle Echols, „Reminiscence“) in der Protestbewegung, Sohn Dan (Morgan Davies, „One Piece“) versucht sich als DJ und die kleine Kassie (Nell Fisher, „Northspur“) schneidet ihren Puppen die Köpfe ab, um daraus Gruselfiguren zu basteln. In dies dysfunktionale Figurengeflecht fügt sich Ellies Schwester Beth (Lily Sullivan, „Jungle“), die unangekündigt auftaucht und die aufgesetzte Andersartigkeit der Familie als Gitarrentechnikerin perfekt macht. Sie findet Ellie und die Kinder vom Gatten verlassen vor, was das Leben in einem heruntergekommenen Gebäudekomplex kurz vor Zwangsräumung und Abriss nicht einfacher gestaltet. Dafür drängt sich der Bau als Horrorkulisse regelrecht auf.

In dessen Keller befand sich früher eine Bank und als nach einem Erdbeben ein Loch im Boden der Tiefgarage den Innenraum eines Tresors freigibt, entdeckt Dan neben reichlich Kruzifixen ein altes, mysteriös aussehendes Buch sowie eine Schallplatte. Die enthält abseits kirchlicher Erläuterungen die erwartbare Formel zur Beschwörung dämonischer Kräfte. Die suchen im Fahrstuhl kurz darauf Ellie heim, die sich zunehmend merkwürdig verhält und nach dem vermeintlichen Ableben brutal gegen die eigene Familie vorgeht. Dabei investiert Cronin in den voranstehenden Entmenschlichungsprozess deutlich mehr Zeit als die übrigen Teile der Saga. Somit braucht es rund die erste Hälfte, ehe das Böse Ellie endgültig vereinnahmt hat und die (Dreiviertel-)Stunde der Gewaltschocks schlägt.

Ob nun eine Käsereibe zweckentfremdet wird oder in Anlehnung an die Original-Trilogie Kettensäge und doppelläufige Flinte zum Einsatz kommen – an Kunstblut wird einmal mehr nicht gespart. Dazu trägt abermals bei, dass Ellie nicht die einzige bleibt, die von der dämonischen Macht übernommen wird. Im Vergleich zum schonungslosen „Evil Dead“-Remake erscheint „Rise“ allerdings weitgehend züchtig. Und kalkulierbar. So wirft nicht allein der große Häcksler in der Tiefgarage (s)einen frühen Schatten auf das Finalblutbad, bei dem diesmal ein aus verschiedenen Deadites zusammengesetzter Körperklumpen rabiate Gegenwehr erfordert. Formal und darstellerisch gibt es wenig auszusetzen. Nur lässt sich kaum der Eindruck entkräften, dass das Gebotene – nicht allein im Fundus der „Evil Dead“-Saga – schon zigfach aufgekocht wurde.  

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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