„I can read the Bible, Homer, or Dylan Dog for several days without being bored.” – Vorschusslorbeeren von Erfolgsautor Umberto Eco
In Italien ist Dylan Dog ein Popstar. Und dass, obwohl er eine Comicfigur ist. In besten Zeiten gingen jeden Monat über eine Million Exemplare der regulären Serie über den Ladentisch. Die Comicbranche steckt weltweit in der Krise, „DYD“ (die offizielle Abbreviatur von „Dylan Dog“) ist aber mit 300.000 verkauften Ausgaben immer noch das Zugpferd des Verlagshauses Bonelli. Recht sonderbar, dass da die Italiener nicht selbst auf die Idee gekommen sind, ihren zum Kulturgut avancierten Comic zu verfilmen.
Michele Soavi hat mit „DellaMorte DellAmore“ 1994 vorgeführt, wie ein „DYD“-Film auszusehen hat. Immerhin stammt die schriftliche Vorlage, die Novelle „Orrore Nero“ von „DYD“-Erfinder Tiziano Sclavi, der die alptraumhafte Geschichte um Leben, Liebe und Tod auch in einem Special zum Comic verewigt hat. Dass ein italienischer Regisseur wie Soavi an einen Film zum Thema werkgetreuer herangegangen wäre als Hollywood-Kollege Kevin Munroe („TMNT“), bleibt reine Spekulation. Überraschen darf die mangelnde Qualität der bitter gefloppten US-Verfilmung trotzdem.
Der in der Vorlage gebürtige Engländer Dylan (Brandon Routh, „Superman Returns“) ist hier natürlich Amerikaner. Anstatt in London residiert er in New Orleans und verdingt sich als Privatdetektiv mit Spezialisierung auf Ehebrüche. Früher war er noch so etwas wie ein Mittelsmann zwischen Menschen und Kreaturen der Nacht. Eben solche wie Vampire, Zombies oder Werwölfe. Seit dem Tod seiner geliebten Cassandra will er dies jedoch nicht mehr. Geblieben ist ihm Sidekick Marcus (nach Jimmy Olsen in „Superman Returns“ erneut als Rouths Helfer: Sam Huntington), der sein Dasein als Zombie nach einem tödlichen Unfall nur schwer akzeptieren kann.
Mit ihm kommt Dylan einer Verschwörung auf die Spur, in der die Vampire unter Führung des teuflischen Vargas (Taye Diggs, „Equilibrium“) ihren Platz an der Spitze der Nahrungskette einfordern. Für den Jäger des Grauens bleibt neben dem Kampf gegen die Blutsauger aber noch Zeit, mit der reizenden Elizabeth (Anita Briem, „The Tudors“) anzubandeln. Sie engagiert Dylan, weil ihr Vater von einem Werwolf getötet wurde. Dass der Film in Italien üble Verrisse erntete, liegt nicht allein an der dünnen Geschichte. Vielmehr hat der US-Dylan mit dem Original (außer Name, Garderobe und VW-Käfer) nichts gemein.
Die Comic-Saga besticht durch eine grandiose Mischung aus philosophischen Ansätzen und Splatter, Lovecraft und Poe teffen auf Craven und Barker. Popkultur und Klassik geben sich die Klinke in die Hand und der Tod und die Liebe sind auch immer gegenwärtig. Leider musste auch Dylans Assistent weichen, so dass auch dem Kauz Groucho, der in Aussehen und Verhalten Groucho Marx nacheifert, der mittelprächtig kalauernde Zombie Markus wird. Ohne die automatisch strenge Erwartungen weckende Betitelung hätte „Dylan Dog: Dead of Night“ eine zwar belanglose, aber letztlich doch moderat spaßige Banalität werden können. So bleibt überwiegend Murks übrig.
Zwar agiert Routh sympathisch und mit Peter Stormare („Constantine“) als Werwolf-Anführer ist auch abseits der Hauptrollen für Qualität gesorgt. Während für Nichtkenner der Vorlage kaum Nennenswertes zu holen ist, wenden sich Fans trotz verschiedener Verweise auf die Quelle mit Grausen ab. Nicht nur darf US-Dylan mit großkalibrigen Waffen hantieren, sondern in John Woo-Manier auch mit zwei Pistolen gleichzeitig rumballern. Beinahe unverzeihlich bleibt aber, dass die Hauptrolle nicht an Rupert Everett ging, der die Hauptrolle in besagtem „DellaMorte DellAmore“ kongenial füllte und unverkennbar als Inspiration für Sclavis Comic-Charakter diente. Aber wie heißt es doch so schön in den „DYD“-Ausgaben: Aaaaaarrrrrrggghhhhhhhhh!!!
Wertung: (5 / 10)