„Wir können nicht immer fliehen, auch wenn wir gern möchten. Das wäre zu einfach. Nein, wir müssen bleiben und eine Sache zu Ende bringen, bis zum Schluss.“ – Django
Ein einsamer Wanderer streift durch die Einöde. Den Hut tief ins Gesicht gezogen, die Stiefel von Schlamm bedeckt. Er zieht einen Sarg hinter sich her, in dem statt einer Leiche ein Maschinengewehr ruht. Mit diesem schweren Arbeitsgerät wird er bald die Reihen seiner Gegner lichten. Der Name des Fremden ist Django. Seine Welt ist ein endzeitliches Szenario ohne Moral. Darin ist er der Held, wenn man ihn denn so nennen will. Er hat im Bürgerkrieg für den Norden gekämpft. In Texas macht er sich damit selbstredend wenig Freunde. Aber es geht ihm auch nicht um Kameraderie, sondern um Geld. Ein heruntergekommenes Grenzkaff ist für einen Mann seiner Natur ein gefundenes Fressen.
Sergio Corbuccis („Kopfgeld: Ein Dollar“) nihilistischer, abgrundtief zynischer Film, ist ein Schlag ins Gesicht der amerikanischen Westernmythen. „Django“, ein Paradebeispiel der italienischen Gegenbewegung und basiert nicht auf der simplen Kategorisierung in gut oder böse. Auf seine Art ist jeder ein Gauner, eine Hure oder ein Killer. Wenn nicht das, dann nur ein Opfer. Beherrscht wird dieser triste Moloch vom rassistischen Major Jackson (Eduardo Fajardo, „Spiel dein Spiel und töte, Joe“) und seiner Bande, die sich mit ihren roten Halstüchern und Kapuzen deutlich vom Grau des Umfelds abheben. Und von den feindlich gesonnenen Männern des mexikanischen General Rodriguez (José Bódalo, „Garringo – Der Henker“), der seinem Kontrahenten in Sachen Kaltblütigkeit in nichts nach steht.
An der Kamera zeichnete sich Enzo Barboni („Django spricht das Nachtgebet“) aus, der bald selbst Filme – darunter einige der größten Hits des legendären Prügelduos Bud Spencer und Terence Hill – inszenieren sollte. Als Corbuccis Assistent fungierte Ruggero Deodato, der später mit „Cannibal Holocaust“ die Gemüter erhitzte. Zum Klassiker wurde „Django“ aber nicht nur durch ihr Zutun, auch der gleichnamige Titelsong, mehr noch Luis Enríquez Bacalovs (1996 für „Il Postino“ Oscar-prämiert) gesamter Soundtrack haben ihren Anteil am Gelingen des Films. Der zeichnet sich durch eine straffe, wenn auch im Mittelteil zunehmend konventionelle Erzählung aus. Und natürlich durch Hauptdarsteller Franco Nero („Mercenario – Der Gefürchtete“).
In seiner Paraderolle rettet der charismatische Mime erst Maria (Loredana Nusciak, „Django – Gott vergib seinem Colt“) das Leben, bevor er sich an die Ausmerzung der rivalisierenden Banden macht. Zimperlich geht es dabei beileibe nicht zu, wenn in grassierender Kaltblütigkeit Leben ausgelöscht, Männer verstümmelt und Frauen misshandelt werden. Der wortkarge Yankee paktiert mit den Mexikanern, raubt in Kooperation mit Rodriguez das Gold des Majors und wird brutal zusammengeschlagen, als er den Komplizen versucht zu hintergehen. Die Hände des gierigen Meisterschützen werden mit Gewehrkolben und Pferdehufen zerschunden, was den grabkalten Showdown auf einem Friedhof nur mehr packender gestaltet.
Das stilbildende wie knüppelharte Genrehighlight bedient sich deutlich der Ästhetik des japanischen Kinos. Da ist der einsame Recke, ein gebrochener, desillusionierter Charakter, der sich furcht- wie skrupellos einer Übermacht in den Weg stellt. Neu ist, dass er seinen Gegnern gleich selbst kaum einen Funken Ehre im Leib trägt, selbst wenn ihn im Angesicht des Todes die Einsicht überkommt. Die Grundzüge der simplen Geschichte teilt der Film mit Sergio Leones Wegbereiter „Für eine Handvoll Dollar“. Der Klassiker, der unzählige Nachahmer fand, ist damit quasi selber einer. Aber in Djangos Fall kann ruhig mal ein Auge zugedrückt werden.
Wertung: (8 / 10)