Django – Sein Gesangbuch war der Colt (I 1966)

django-sein-gesangbuch-war-der-coltHunde bellen, die gespannten Teilnehmer einer Jagdgesellschaft bereiten sich auf die Entsendung ihrer Beute vor. Die entpuppt sich als verängstigter Mexikaner. Der Anführer der berittenen Horde schwingt seine Peitsche und gibt dem Opfer mit einem Schlag ins Gesicht zu verstehen, dass es Zeit wird die Beine in die Hand zu nehmen. Der ihm gewährte Vorsprung ist klein. Zwar kann der Flüchtige die Hunde auf Distanz halten, doch mit schwindenden Kräften holen ihn die vierbeinigen Helfer schließlich ein und zerreißen ihn.

Bereits der Prolog – in jeder deutschsprachigen Veröffentlichung lange Zeit rigoros herausgekürzt – verdeutlicht, dass „Django – Sein Gesangbuch war der Colt“ ein Western ohne Kompromisse ist. Doch was hätte nur ein weiterer Rachefeldzug des von Schurkenhand betrogenen Gunslingers sein können, wird unter der Regie des späteren Horror-Spezis Lucio Fulci („Das Haus an der Friedhofsmauer“) zur bleihaltigen Familientragödie.

In der kehrt Goldsucher Tom Corbett (Genre-Ikone Franco Nero, „Django”) aus Sorge um die Familie in die Heimat zurück und findet die Mutter und Bruder Jack (George Hilton, „Leg ihn um, Django“) ihrer Existenz beraubt vor. Den Besitz einverleibt hat sich der alternde Grundbesitzer Scott (Giuseppe Addobbati, „Tödlicher Ritt nach Sacramento“), dessen psychopathischer Sohn Jason (Nino Castelnuovo, „Die fünf Gefürchteten”), jener eingangs umschriebene Schinder, allmählich die Macht des Vaters an sich reißt.

Nun ist Tom – im Gegensatz zu Jack, für den der Vollrausch den Normalzustand bedeutet – zwar ein Mann der Tat, jedoch bestrebt den schwelenden Konflikt mit Worten auszutragen. Das ändert sich, als er Scott auf seinem Land in bester Absicht aufsucht und unterwegs erste Leichen hinterlässt, von Jason brutal ausgepeitscht wird und später auch noch den gewaltsamen Tod der Mutter zu beklagen hat. Als ihm dann auch noch eröffnet wird, Scott sei sein wahrer Vater, scheint der Schlamassel perfekt.

Der Aufbau vollzieht sich behäbig, was der simplen Geschichte aber die nötige Tiefe verleiht. Im Vordergrund stehen ausnahmsweise mal die Figuren und ihre Entwicklung, nicht allein deren Aktionismus. Mit dem Django-Mythos hat das herzlich wenig zu tun, genügte seinerzeit aber einmal mehr als einträgliches Zugpferd. Nachdem sich die Situation weiter zugespitzt hat, wird Hauptakteur Nero dem geborgten Wams von Clint Eastwood auch endlich gerecht und schreitet mit dem versoffenen Halbbruder zur Beseitigung des erweiterten Familienkreises.

Schauspielerisch ist das überzeugend, insbesondere bei den Extreme bedienenden Hilton und Castelnuovo. Daneben fällt insbesondere die verhältnismäßig harsche Gewalt auf, mit der die unterschwellige Bitterkeit des Plots verstärkt wird. Auf seine Art entdeckt Fulci so das Ungewöhnliche im Gewöhnlichen. Die Gewalt ist nicht selbstverständlich, sie ist Konsequenz der entrückten Gleichgültigkeit der gelangweilten Reichen. Den ersten Spaghetti-Western des Regisseurs macht das zugleich zu seinem besten.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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