Django, der Rächer (I/E 1966)

django-der-raecherFranco Nero war in seiner ikonesken Paraderolle des Django gerade dem Original entronnen, da zerrten ihn teutonische Titelgeber erneut in den Sattel. Im gleichen Jahr gedreht, ist „Django, der Rächer“ jedoch mitnichten eine (offizielle) Fortsetzung des zynischen Klassikers – die folgte erst 1987 unter dem Titel „Django’s Rückkehr“ –, sondern ein zwischen den Stühlen der amerikanischen und europäischen Pferdeoper stehendes Familiendrama. Entsprechend ist der ursprünglich mit „Texas, Addio“ weit treffender betitelte Film kein Archetyp des Spaghetti-Westerns. Er ist ein wehmütiger Abgesang auf die verlorene Unschuld der Revolvermänner.

Vielversprechend ist bereits der Auftakt: Zwei Männer liefern sich auf menschenleerer Hauptstraße einer Kleinstadt ein Feuergefecht. Kugeln schlagen in der Umgebung ein, aber sie treffen nicht den Menschen. Die Wohltat, Protagonisten des Genres nicht als punktgenaue Scharfschützen zu erleben, hält auch an, als Django – der eigentlich Burt Sullivan heißt – in der Szene auftaucht. Er ist der örtliche Sheriff und beendet das Gefecht ohne einen Toten. Das jedoch ändert sich, als er den Stern des Gesetzes ablegt und Texas verlässt. Er reitet nach Mexiko, begleitet von seinem jüngeren Bruder Jim (Alberto Dell´Acqua, „Die rechte und die linke Hand des Teufels“), um den Mörder ihres Vaters zu fassen.

Der Schuldige, Cisco Delgado (José Suárez, „Sie verkaufen den Tod“), führt jenseits der Grenze ein Regiment des Schreckens. Kaum im Nachbarland angekommen, bietet sich Burt und Jim ein makabres Schauspiel: Ein Offizier zu Pferd befehligt seinen Männern die Erschießung einiger Gefangener, nicht mit Worten, sondern durch das Herausziehen des Korkens aus seiner Flasche. Das ploppende Geräusch des Verschlusses bedeutet den Tod, wobei der schallend lachende Befehlshaber den Moment mehr und mehr herauszögert. Doch auch der Tourist im Namen des Gesetzes macht schnell und unmissverständlich klar, dass mit ihm nicht zu spaßen ist. Und das bedeutet schon mal einen beherzten Tritt in des Gegners Gesicht, wenn dieser nach einem Faustkampf bereits am Boden liegt.

Wird im Anlauf der Geschichte auch erstaunlich oft das Ziel verfehlt, mehr noch sogar während einer Schießerei nachgeladen, kehrt danach zunehmend Normalität ein. Flink am Colt ebnet Burt den Weg zu Delgado und steht ihm auf seinem eigenen Besitz bald gegenüber. Der alternde Desperado hofft sich mit dem nach Gerechtigkeit sinnenden Amerikaner gütlich einigen zu können, zumal Delgado eine Wahrheit über Jim präsentiert, die Burts Welt aus den Angeln hebt. Weil Regisseur Ferdinando Baldi („Seine Kugeln pfeifen das Todeslied“) die Konfrontation ebenso hinauszögert wie die Offenbarung der Hintergründe des Mordes an Vater Sullivan, erhält er die Spannung aufrecht. Bedauerlicherweise verspielt er die Glaubwürdigkeit der Geschichte durch zunehmend konstruierte Wendungen.

Baldi, der zu Beginn seiner Karriere vornehmlich Sandalenfilme wie „David und Goliath“ (1959) oder „Der Sohn von Cäsar und Cleopatra“ (1964) inszenierte, schrieb auch am Drehbuch mit. Sein Co-Autor Franco Rosetti erdachte mit Sergio Corrucci auch das Skript zum originalen „Django”. Neben seinem Einsatz als Ideengeber inszenierte Rosetti selbst und schuf Genrewerk wie „Die im Staub verrecken“ (1967). Die effektive Kamera bediente Enzo Barboni (1922-2002), der nach seinen Verdiensten um den Italo-Western (u.a. „Django und die Bande der Gehenkten“) ebenfalls ins Regiefach wechselte und unter dem Pseudonym E.B. Clucher das launige Oeuvre des Prügel-Duos Bud Spencer und Terence Hill bereicherte.

„Django, der Rächer“ ist ein sehenswerter, in seiner Dramaturgie aber unausgewogener Western. Weil die bereinigende Konfrontation am Ende stehen muss wie das Amen in der Kirche, wird Burt vertrieben und Jim eingesperrt. Bereits bei ihren Nachforschungen über den Verbleib Delgados wurde schnell klar, dass sich im Untergrund Widerstand regt. Mit den aufbegehrenden Umstürzlern im Rücken steht dem finalen Gefecht nichts mehr im Wege. Mit dem seichten Symbolismus der unterschiedlichen Brüder einher geht die Wehmut. Jim, der für den Glauben an die Gerechtigkeit steht, wird von Burts Schatten überlagert. Der eine ist unerfahren und sauber gekleidet, der andere staubbedeckt, desillusioniert und verroht. Aus diesem von Tragik umwehten Zwiespalt hätte mehr werden können als eine im Abschluss zu gewöhnliche Mär der harten Kerle. Aber wo die Psychologie versagt, muss eben die Bewaffnung Probleme lösen.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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