„Stop listening to music made by poofs. Stick on some Elton John.“ – Jung und ahnungslos: Bruce
Berühmt wurden Ricky Gervais und Stephen Merchant durch ihre Verdienste um die britische Comedy. Auf ihre Kappe gehen die Erfolgs-Serien „The Office“ und „Extras“, in denen der auch als Bühnenkomiker zu Renommee gelangte Gervais stets die Hauptrolle übernahm. Nachdem dieser selbst in Hollywood Fuß gefasst hat, widmen sich er und Merchant wieder britischen Belangen. Der von ihnen geschriebene und inszenierte „Cemetery Junction“ ist ein tragikomischer Blick auf Vororttristesse und die Bürde des Erwachsenseins. Wahrlich kein neues Thema, aber Umsetzung und Schauspieler überzeugen auf ganzer Linie.
Cemetery Junction, ein Vorort von Reading 1973: Der junge Freddie Taylor (Christian Cooke, „Echo Beach“) versucht als Versicherungsvertreter der gesellschaftlichen Verpflichtung von Eigenheim und Familie näher zu kommen. Sein Boss, der steife Mr. Kendrick (Ralph Fiennes, „Der Vorleser“), imponiert ihm und lebt einen anstrebenswerten sozialen Stand vor. Die rechte Hand des Chefs ist Mike (Matthew Goode, „A Single Man“), der obendrein mit Kendricks Tochter Julie (Felicity Jones) verlobt ist. Die war früher Freddies Freundin und versucht ihm die Augen für den Blick über den Tellerrand eines vorgezeichneten Lebenswegs zu öffnen.
Dem verschließen sich auch seine Freunde, der ewig rebellierende Bruce (Tom Hughes, „Silk“) und der übergewichtige Snork (Jack Doolan, „The Green Green Grass“). Vor allem Bruce, der dem arbeitslosen wie trinksüchtigen Vater keinen Respekt zollt, gerät immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Seit Jahren schon spricht er davon, Cemetery Junction den Rücken zu kehren und in der Fremde sein Glück zu versuchen. Doch ausgerechnet Freddie, angefacht durch die Traurigkeit der vom Gatten als selbstverständlich erachteten Mrs. Kendrick (Emily Watson, „Punch-Drunk Love“), bestärkt ihn plötzlich im Streben nach Veränderung.
So bekannt die Essenz der Geschichte auch sein mag, Gervais (übrigens als Freddies Vater zu sehen) und Merchant (mit einem Cameo beim Versicherungs-Ball) siedeln sie ausgewogen zwischen erfrischendem Wortwitz und unaufgeregter Dramatik an. Die glaubhaften Figuren werden vom detailreich ausgestalteten 70’s-Setting gestützt, das in kultureller und vor allem musikalischer Hinsicht stark zur Aufbruchsstimmung des Films beiträgt. Die unverbrauchten Hauptdarsteller harmonieren perfekt mit den etablierten Stars und machen die Überwindung von Rollen- und Geschlechterklischees zum echten Vergnügen. Biss und Bitterkeit ergänzt das Duo Gervais/Merchant damit auch um ein Stück Lebensweisheit.
Wertung: (8 / 10)