Der Post-Hardcore funktioniert ohne kritische Grundhaltung bestenfalls bedingt. Seine Stärke liegt in der bisweilen gen Verzweiflung tendierenden emotionalen Auslotung persönlicher oder gesellschaftlicher Missstände. Entscheidend für den Charakter dieser oder jener Band ist am Ende lediglich, wie groß der Wutanteil ausfällt. BRAUNKOHLEBAGGER aus Essen beschreiten dahingehend einen Mittelweg. Die fünf Stücke ihrer 2018 selbstvertriebenen und unlängst via This Charming Man Records erstmals auf Vinyl verlegten Debüt-EP „Abbruch“ mäandern zwischen zart und hart, Gesang und Geschrei.
Der Anfang des Openers „Endlosschleife“ erinnert samt einsetzendem Gebrüll in seiner vehement rockigen Ausprägung an REFUSED. Auch wenn der Vergleich im weiteren Verlauf hinkt, so teilen BRAUNKOHLEBAGGER mit dem Schweden-Kollegium doch den Hang zur kreativen Variabilität. Das zeigt vorrangig der von Sprechgesangspassagen begleitete, momentweise auch mal ins proggig Poppige driftende Folgetrack „Ameisenhaufen“. Nach (konsum-)kritischen Tönen pocht das zum Abschluss hymnische „Herz“ auf Gefühle – und entfacht dazu einen packenden Wirbelwind aus Melodie und Kloppe.
Bei „Wochenende“, der eigentümlichen Rekapitulation des Gladbecker Geiseldramas, erzielen die Paarreime nicht durchweg die angestrebte Wirkung, so dass der Track im Vergleich zum Rest ein wenig abfällt. Das wütende, wieder mit bissigen politischen Spitzen versehene „Zeichen“ rückt die Messlatte zum lautstarken Abschluss aber wieder rundheraus mitreißend gerade. In Summe ist „Abbruch“ ein hochkarätiges Empfehlungsschreiben ohne stilistische Scheuklappen, bei dem der u. a. aus Mitgliedern von DECEMBER YOUTH und LEITKEGEL bestehende Fünfer auch vor progressiven Tendenzen nicht zurückscheut. Die kritische Grundhaltung kann (der Hörer) angesichts dieser Klasse getrost beiseiteschieben.
Wertung: (8 / 10)