Ein Remake mit marginaler Vorlagentreue
Erfolge schaffen Nachahmer. Im Kino äußern sie sich über inhaltliche Anlehnungen (respektive plumpes Abkupfern) oder marktspezifische Neuverfilmungen. Interessant wird es immer dann, wenn ein Original nicht aus Hollywood stammt, so dass neben den USA mitunter auch andere Länder ihre eigene Version der jeweiligen Geschichte präsentieren. Ein Beispiel ist Luc Bessons Klassiker „Nikita“ (1990), der noch vor dem US-Remake („Codename: Nina“, 1993) ein Variante aus Hongkong spendiert bekam: „Black Cat“.
Auslöser in Stephen Shins („Brotherhood“) Action-Drama ist jedoch kein Apothekeneinbruch, sondern ein sexuell aufdringlicher Trucker, der von Kellnerin Catherine (Jade Leung, „Satin Steel“) nach einem brutalen Schlagabtausch in einem US-Diner mit einer Glasscherbe perforiert wird. Von Notwehr kann jedoch keine Rede sein, immerhin erschießt sie darauf noch einen Polizisten. Der Gewaltanteil erweist sich dem Hongkong-Kino der frühen 1990er entsprechend als gewohnt zünftig.
Dass sich „Black Cat“ gegenüber „Nikita“ diverse erzählerische Variationen erlaubt, verdeutlicht nicht allein der Auftakt. Dem folgt für Catherine im Gefängnis eine Serie von Erniedrigungen und Misshandlungen, derer sie sich nach Leibeskräften erwehrt. Der brutale Charakter des Streifens wird jedoch durch mitunter haltlose Übertreibung gemindert, an der die westliche Randbesetzung – wie so oft im Hongkong-Kino – süffisant teilhat. Als sie vor ihrem Prozess aus dem Gericht flieht, wird Catherine von einem Unbekannten betäubt. Ende der Geschichte? Eher der Anfang.
Hauptsache es kracht
Eine Wahl hat die junge Frau in dieser Interpretation der Geschichte nicht. Nachdem ihr ein Chip ins Gehirn implantiert wurde, tritt der bewährte Simon Yam („Bullet in the Head“) auf den Plan. Als CIA-Strippenzieher Brian überwacht er ihre Ausbildung zur Killerin im Regierungsauftrag. Viel zu tun hat Yam in seiner Rolle nicht. Dafür darf er die in Erica umbenannte Catherine nach erfolgtem Ende ihrer „Umschulung“ in einem Freiheit suggerierenden Blumenfeld herzen. Die poetische Tragik von „Nikita“ wird in „Black Cat“ bestenfalls vage imitiert. Mehr hätten die flachen Figuren auch kaum hergegeben.
Dafür liegt das Augenmerk stärker auf dem Actionteil, dessen B-Anstrich kaum zu leugnen ist. Neben den CIA-Ausbildungsstätten, die einem Schurken-Ausstattungskatalog von James-Bond-Filmen der 1970er entliehen scheinen, tragen auch die dezent schrägen Mordaufträge zu dieser Anmutung bei. Die jüdische Hochzeit geht dabei noch als exotischer Kontrastpunkt durch. Der Waffenhändler, den Catherine/Erica in einem Vogelschutzgebiet mit einem Projektil aus Eis erlegt, das den Eindruck einer natürlichen (!) Todesursache vermitteln soll, ist des Camp-Faktors aber fast zu viel.
Durch Naturschützer Allen (Thomas Lam, „Midnight Caller“) erfährt Catherine/Erica die wahre Liebe. Nur darf die auf Dauer nicht sein, was nach einem stilsicher inszenierten Mordauftrag in Japan tragische Wendungen begünstigt. Da trifft sich gut, dass Allen sein Herz buchstäblich am rechten Fleck trägt. Die freie Neuverfilmung, deren Ausklang die ein Jahr später nachgelegte (und trashig übertriebene) Fortsetzung „Codename: Cobra“ ermöglichte, fegt den Tiefgang des Originals mit purer Exploitation beiseite. Bei der Stange hält das sicher. Einen Höhepunkt markiert „Black Cat“ in Hongkongs Actionannalen aber keineswegs.
Wertung: (5 / 10)