Wenn eine Band vom angestammten Kern abweicht und sich im besten Falle von festgefahrenen konventionellen Mustern löst, wird gern von einem Reifeprozess gesprochen. Auch auf AMERICAN HI-FI und deren fünftes Album „Blood & Lemonade“ ließe sich diese Formel anwenden. Denn früher standen die Bostoner für poppigen Indie und seichten Rock. Dass ihnen diese Zutaten in Fleisch und Blut übergegangen sind, davon kündet auch ihr jüngstes Werk. Doch etwas ist anders. Die Gitarren transportieren deutlich mehr Wucht und auch der Säuselanteil wurde merklich verringert.
AMERICAN HI-FI streifen instrumental vornehmlich den Alternative-Rock, verlassen sich stimmlich aber weiterhin auf klare Linie und einnehmende Refrains. Besonders deutlich wird dies grundlegend gefällige Nebeneinander bei „Coma“, „Wake Up“ oder „Amnesia“. Das für ihre Verhältnisse energische Vorwärtspreschen wird zwar vereinzelt noch immer durch die bewährte Wohlfühl-Poppigkeit abgerundet (siehe „Portland“), erinnert aber insgesamt doch eher an die FOO FIGHTERS als ihre früheren Outputs. Nur können sie sich von deren Tonalität einfach nicht so weit lösen, als dass „Blood & Lemonade“ ein völlig neues Kapitel aufschlagen würde. Eine (dankbare) Entwicklung ist das sicher, für eine echte Reifeprüfung wirkt das Ganze aber doch etwas unentschlossen.
Wertung: (6 / 10)