Einschneidende musikalische Richtungswechsel sind der Anhängerschaft einer Band nicht leicht zu vermitteln. Gerade Fans der ersten Stunde fühlen sich von klanglichen Experimenten oft überfahren. Das mussten auch A DAY TO REMEMBER erfahren, als sie im Frühjahr 2021 ihre sechstes Album „You’re Welcome“ vorstellten. Die Stand-Alone-Single „Rescue Me“, eine Kooperation mit DJ Marshmello, stieß ob des elektronischen Überhangs bereits im Vorlauf auf Stirnrunzeln. Das fertige Output verweist die damit verbundene Skepsis zwar weitgehend ins Unbegründete, schafft aber dennoch ausreichend Raum für Kritik.
Der Sound der Platte ist massiv. Das offenbart zum Auftakt „Brick Wall“, ein schwer – und alternativ – rockender Hammer, den die Ziegelwand-Metapher des Titels treffend umschreibt. Allerdings fällt vom Fleck weg die Bombast-Produktion auf, die eine unterschwellige Detailfülle an Elektro- und Symphonic-Schnipseln einbringt, die nicht wenigen Publikumsteilen wie eine bittere Mainstream-Pille erscheinen dürften. Dass der Sound des Florida-Fünfers seit längerem auf eine möglichst breite Zielgruppe gemünzt scheint, ändert daran wenig. Das zeigt sich auch an Tracks wie „Mindreader“ oder „Bloodsucker“, die lässigen Pop-Punk mit CRAZY TOWN-Beigeschmack auffahren.
Der Metal-Hardcore kommt (einzig) bei „Last Chance to Dance (Bad Friend)“ zum Tragen, wird durch rockige Zwischenspiele aber in gewohnten Bahnen geerdet. Das radiotauglich poppige Duo „Fuck You Money“ und „High Diving“ (später ergänzt durch „Only Money“) bildet dazu Kontrastprogramm mit Zahnschmerzgarantie. So viel PANIC! AT THE DISCO hätte A DAY TO REMEMBER wohl kaum jemand zugetraut. So geht es weiter: Alternativer Stadion-Rock trifft Pop. Mal mit Shouts (siehe „Resentment“ und „Permanent“), meist ohne. Nur das Stirnrunzeln bleibt. Die Fülle an Experimenten in Ehren, aber noch unverhohlener kann der nächste Karriereschritt kaum ins Auge gefasst werden. Das muss respektiert werden. Gefallen muss es hingegen nicht.
Wertung: (4,5 / 10)