20.01.2024 – Samiam / Mercy Union – Köln, Gebäude 9

Es ist keine Überraschung, dass SAMIAM bei ihren Europa-Rundreisen regelmäßig in Deutschland gastieren. Schließlich sind die Clubs voll und die Fans textsicher. Im Rheinland ist das Kölner Gebäude 9 seit Jahren feste Anlaufstelle – und war auch bei der Visite zum Jahresauftakt restlos ausverkauft. Das „Alles wie immer“-Prinzip wird allerdings durch die letztjährige Veröffentlichung des Albums „Stowaway“ untergraben. Denn wer die Kalifornier schon länger live erlebt weiß, dass neues Material vermehrt meist nur im ersten Jahr Einzug in die Set-Listen hält.

Schlag 20 Uhr startete mit MERCY UNION das Vorprogramm. Die Band um Singer/Songwriter Jared Hart machte in der Vergangenheit durch die Nähe zu THE GASLIGHT ANTHEM auf sich aufmerksam, braucht derartige Schützenhilfe aber nicht, um ihren gefühligen Mix aus Indie-Rock und Punk anzuschieben. Denn dafür ist der aktuelle Langspieler, „White Tiger“, einfach zu einnehmend. Entsprechend lag der Schwerpunkt des rund 40-minütigen Auftritts auf Stücken der Platte (u. a. „Prussian Blue“, „The Void“, „Evergreen“, „So Long Siberia“), worüber ältere Knaller wie „The Leo“ (eigentlich ein Solostück Harts) aber nicht vergessen wurden.

Der Sound erwies sich als ungemein druckvoll, was durch die Bewegungsfreude der vier Musiker noch unterstrichen wurde. Als Dauerzuschauer am Rand ließ sich auch SAMIAM-Gitarrist Sergie Loobkoff von der Güte der Musik mitreißen. Zusätzliche Sympathiepunkte erntete der euphorische Hart, als er von verschiedenen Problemen berichtete, die Reise von New Jersey nach Nordrhein-Westfalen anzutreten. Die Publikumsreaktionen dürften ihm gezeigt haben, dass Frankfurter Schneechaos und Mietwagen mit Schaltgetriebe die Mühen wert sind. Ein in jeder Hinsicht großartiger Auftakt.

Mit Motivation und Mütze(n): Mercy Union

Bevor sich SAMIAM ans Werk machten, saß das Quintett zunächst plauschend am Bühnenaufgang. Die Ungeduld des dicht gedrängten Publikums sollte jedoch nur bis Viertel nach neun beansprucht werden. Dann folgte das zu erwartende Feuerwerk; einschließlich kleiner Überraschungen. Deren gravierendste schien ein kleiner Disput im Zugabenteil zu sein, der Gitarrist James Brogan bewog, aus Protest über die Songauswahl die Bühne zu verlassen. Letztlich kehrte er aber zurück und bekam von Sänger Jason Beebout eine verbale Breitseite verpasst, ehe das Gespann aus relativer Uneinigkeit das lange nicht erlebte „Ordinary Life“ zauberte.

Damit nicht genug, wurde zum Einstieg in den Set-Epilog endlich mal wieder „Bad Day“ geschmettert. Aber nach dem knapp 90-minütigen Auftritt gab es ohnehin keinen Grund zur Beschwerde. Der Raumklang blieb über weite Strecken tadellos, der Einsatz der Indie-Punks sowieso. Als Highlights (hinsichtlich Sound und Publikumsreaktionen) entpuppten sich „Factory“, „She Found You“, „Dull“, „Capsized“, das finale „Full On“ und „Scout Knife“. Neben dem letztgenannten Stück wurde „Stowaway“ auch durch „Lake Speed“, „Monterey Canyon“, „Crystallized“ und „Lights Out Little Hustler“ berücksichtigt.

An Hits, wie auch „Dead“, „Paraffin“, „Mexico“, „El Dorado“, „80 West“, „Mud Hill“, „Sunshine“ oder (ebenfalls im Zugabenteil) „Wisconsin“ und der Uralt-Brecher „Clean“ belegten, ließen es SAMIAM wie gewohnt nicht mangeln. Ihre Konzerte waren, sind und bleiben Selbstläufer, bei denen man um Ausgelassenheit und Atmosphäre nie bangen muss. Überraschungen mögen ob solcher Konstanz rar gesät bleiben. Gewisse Erlebnisse lohnen sich aber einfach immer und immer wieder.

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