Endlich wieder SAMIAM! Früher gab es die Indie-Punks (mindestens) im Jahresturnus zu erleben. Heute ist das, auch durch Corona, anders. Drei Jahre ist die letzte Europavisite der Kalifornier her. Im Zuge ihrer ungewohnt groß angelegten Rückkehr im Paket mit BOYSETSFIRE, HOT WATER MUSIC und BE WELL fielen auch zwei Clubshows im regulären Rahmen ab. Deren erste fand im Gebäude 9 zu Köln statt.
Bevor aber die offenkundige Hauptattraktion die Bühne enterte, gab es im Vorprogramm BELLYACHER zu erleben. Der Fünfer mit Frontfrau bot über eine halbe Stunde (Emo-)Punk mit stimmungsvoll melancholischer Ader – und passte damit vollauf zu SAMIAM. In den weiblich-männlichen Gesangswechseln schimmerte zudem bisweilen RVIVR durch. Und da das Gespann auch zwischen den Songs eine sympathische Figur machte, dürfen BELLYACHER definitiv in Erinnerung (und Beobachtung) bleiben.
Danach dann SAMIAM, die in Sachen Set-Bestückung selten zu Überraschungen neigen. Stören muss das nur, wer immergrüne Kracher wie „80 West“, „Sunshine“, „Wisconsin“, „Dead“, „Mud Hill“, „Mexico“, „El Dorado“, „September Holiday“, „Super Brava“ oder „Clean“ nicht auch bei der xten Live-Darbietung gnadenlos abfeiert. Allerdings ließ die Ausschweifung des Publikums an diesem Abend etwas auf sich warten, erreichte bei „Factory“, „She Found You“, „Capsized“, „Dull“, „Stepson“ und dem Finale „Full On“ aber Höhepunkte mit Massenchorälen und Crowdsurfern.
Die Band selbst schien einmal mehr extrem gelöst. Der stimmlich in exzellenter Form befindliche Frontmann Jason scherzte, dass nach den je halbstündigen Auftritten vor BOYSETSFIRE und HOT WATER MUSIC endlich wieder Raum für üppige Ansagen ohne sinnstiftenden Gehalt bliebe. Der Pulk wusste auch dies zu schätzen. In Summe spielte das Quintett ohne Zugabe 70 Minuten, gab beim Gros der dargebotenen Songs Knallgas und stellte auch drei Tracks der Anfang des kommenden Jahres erscheinenden neuen Platte vor (darunter die Vorabsingle „Lights Out Little Hustler“).
Als erfreulich erwies sich obendrein das Publikumsaufkommen. In einer Zeit, in der zahlreiche Konzerte und Touren aufgrund zu geringen Zuschauer*innen-Zuspruchs abgesagt werden, zogen SAMIAM die für sie üblichen 400 Fans. Damit war irgendwie alles wie immer. Auch in Sachen Erhabenheit. Es gibt eben Bands, die kann man gar nicht oft genug live erleben.