Cocaine Cowboys (USA 2006)

cocaine-cowboysSchon in den Neunzehnsiebzigern wurde Miami zum florierenden Umschlagplatz für Drogen und Waffen. Kriminelle Glücksritter wurden gleich scharenweise angelockt und paktierten mit südamerikanischen Drogenkartellen, die ihre Ware über die kilometerlangen unbewachten Strände Floridas in die USA schmuggelten. Erst war es Marihuana, dann kam das Kokain. Damit ließen sich Millionen verdienen. Die Obrigkeit sah zu, weitgehend tatenlos. Polizisten wurden geschmiert, Politiker mit großzügigen Spenden zum Wegschauen bewegt. Hinter der Fassade des Sonnenstaates wurden illegal Vermögen gemacht. Bis zum großen Knall.

Die Hölle brach los, als im Juli 1979 zwei Lateinamerikaner in einem Einkaufszentrum erschossen wurden. Der Gewaltakt glich einer Hinrichtung – und das im öffentlichen Raum. In den folgenden Jahren avancierte Miami zur gefährlichsten Stadt des Landes. Von der Realität beflügelt, erblickte der hintersinnige Gangsterfilm-Klassiker „Scarface“ das Licht der Welt. Er spiegelte die Problematik der illegalen Einwanderer wider, denen sich kaum eine andere Chance als die des Verbrechertums offenbarte. Die meisten kamen aus Kuba, wo Fidel Castro die gesellschaftlich Unerwünschten, die Häftlinge, die Obdachlosen, die Huren, vertrieb und in Booten Richtung Florida schickte.

Dokumentarfilmer Billy Corgan erzählt in „Cocaine Cowboys“ die Geschichte jener Zeit. Mit boulevardesker Lust am morbiden Glanz und der Schwere von Einzelschicksalen lässt er Zeitzeugen, respektive Gangster und Polizisten zu Wort kommen. Untermalt von Originalaufnahmen und über die dynamische Erzählung auf Kurzweil getrimmt, schafft er ein Mosaik der Grausamkeit. Explizite Bilder und Details sind willkommen, was der Sensationsgier zuspielt und einer nicht eben differenzierten Betrachtung Platz schafft, die durch ihre reißerische Aufarbeitung aber eine regelrechte Sogwirkung entwickelt.

Die Schuldigen erhalten Raum zum Schwelgen. Ihre Anekdoten und Geschichten werden so plastischer. Von Reue keine Spur. Mitunter ist es die Blaupause von Hollywoods Gangsterkino, die Outlaw-Mythen, die Freiheit der Gesetzlosen. Über die Opfer, auch die unzähligen durch Drogen zugrunde gerichteten Süchtigen, wird kaum ein Wort verloren. Auf eine profane, eine recht oberflächliche Weise funktioniert Corgans Dokumentation ausgezeichnet. Das schafft Faszination, mit ihr jedoch keine Tiefe. Der Informationsgehalt ist hoch, ebenso die Wiederbelebung eines amoralischen Zeitgeistes. Es bleibt ein aufregender Trip in die Vergangenheit – wenn auch mit dezent schalem Beigeschmack.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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