Wo nur ist das Heldentum geblieben, an das sich die Menschen voller Hoffnung klammern können? Das Kino war stets ein zuverlässiger Bote überlebensgroßer Recken im Zeichen der Gerechtigkeit. Seit einigen Jahren jedoch scheint ihre Zahl zu schwinden. Die Van Dammes und Seagals haben sich aufs Altenteil der Videoproduktionen zurückgezogen. Nur sind an ihrer Statt keine Nachfolger getreten. Zumindest keine, deren heroischer Glanz von langer Dauer wäre. Wenn es in „Stirb langsam 4.0“ also heißt, dass John McClane nur deshalb erneut in Aktion tritt, weil den Job ansonsten niemand erledigen würde, so drückt dies eine Wahrheit aus, die sich durchaus auf Hollywoods Tagesgeschäft übertragen lässt.
Nicht umsonst wagen Rocky, Rambo und bald auch Indiana Jones auf ihre alten Tage noch einmal den Schritt ins Rampenlicht. Sie werden gebraucht, um in jene Bresche zu springen, die sie mit ihrer Abkehr selbst geschlagen haben. Damit erreicht wird in erster Linie ein Publikum, das diesen Heldentypen bereits vor zwei Jahrzehnten Bewunderung entgegenbranden ließ. Ihr Erstarken ist auch eine Ode an solch treue Zuschauer – oder je nach Sichtweise ihre Finanzkraft. Dem trägt auch McClanes vierter Leinwandeinsatz Rechnung, und wird der Mythologie seiner Vorgänger dabei weitgehend gerecht.
Zwölf Jahre sind seit „Stirb langsam – Jetzt erst recht“ vergangen. In der Zwischenzeit hat Bruce Willis‘ Alter Ego zwar all seine Haare, nicht aber die lose Schnauze eingebüßt. Auch an bewährter Durchschlagskraft mangelt es nicht, wenn er Computerfreak Matt (Justin Long, „Idiocracy“) vor den Zugriffen von Internetterrorist Thomas Gabriel („Deadwood“-Star Timothy Olyphant) und seiner Bande (u.a. Maggie Q, „Mission: Impossible III“) beschützt. Dieser legt den amerikanischen Alltag durch gezielte Attacken aus dem Cyberspace lahm und beschert US-Sicherheitschef Bowman (Cliff Curtis, „Whale Rider“) den schwärzesten Tag seiner Karriere. Nur McClane ist wieder der richtige Mann am falschen Ort, was Pyrotechnikern und Stuntleuten Überstunden beschert.
Mit coolen Sprüchen und flotter Action gelingt es „Underworld“-Regisseur Len Wiseman, an die Vorgänger anzuknüpfen. Inhaltlich orientiert sich der Film eher an Teil drei denn den auf restriktivem Terrain spielenden ersten Parts. Mit der Logik wird es dabei nicht allzu genau genommen, was man angesichts des hohen Tempos und den furiosen Krawalleinlagen leicht verschmerzen kann. Am Rande gibt es ein amüsantes, doch nicht eben sinniges Gastspiel von Kultregisseur Kevin Smith („Clerks – Die Ladenhüter“) als in Mutters Keller hausender Computerhacker Warlock. Als McClanes Tochter Lucy gerät auch Mary Elizabeth Winstead („Final Destination 3″) in die Schusslinie.
Technisch setzt Wiseman auf die Möglichkeiten der Gegenwart. Der CGI-unterstützte Kampf zwischen Düsenjet und Truck setzt der Übertreibung die Krone auf. Bei allem Aufwand aber bleibt die Action meist bodenständig. Das rechtfertigt nur bedingt die Unzerstörbarkeit des Helden, der hier mehr Blessuren und Repressalien erdulden muss als in den Vorreiterteilen zusammen. Dennoch steht er seinen Mann, sympathisch und gewaltbereit wie eh und je. Von Altersverschleiß also keine Spur. Und wenn es im Showdown abermals „Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke“ ertönt, so weiß der Zuschauer endgültig, dass sich bestimmte Dinge eben niemals ändern. Ein beruhigendes Gefühl.
Wertung: (7 / 10)