Ein Epos als Schatten seiner selbst: Die international vertriebene Fassung von John Woos („Face/Off“) zweiteiligem Historien-Drama „Red Cliff“ wurde massiv gestrafft. Bald die Hälfte der ursprünglichen 270 Minuten fielen der Schere zum Opfer; zu Lasten ausschweifender Charakterisierungen und meditativer Gelassenheit. Dabei wirkt Woos erster Film in der chinesischen Heimat seit 1992 gerade durch die gebremste Erzählweise wie ein Befreiungsschlag, in dem das Feuer eines leidenschaftlichen Filmemachers als prachtvolles Breitwand-Abenteuer neu entfacht wird.
Woo erzählt Luo Guanzhongs klassische „Geschichte der drei Reiche“ in altbekannter Variation, als Mär vom aufrechten Widerstand gegen einen brutalen Tyrannen. Der hört auf den Namen Cao Cao (Zheng Fengyi, „Der Kaiser und sein Attentäter“) und zieht als herrischer Premierminister des Nordreiches (und alleiniger Befehlshaber des Militärapparates) gegen die Herrschaftsverhältnisse des friedlichen Südens vor. Dem alternden Regenten Liu Bei (You Yong, „Election“) bleibt nur noch ein Pakt mit dem jungen und unerfahrenen Nachbarkönig Sun Quan (Chang Chen, „Tiger and Dragon“).
Dem geschickten Strategen Zhuge (Takeshi Kaneshiro, „The Warlords“) gelingt es eine Allianz mit Sun und dessen Truppenführer Zhou Yu (Tony Leung, „Hero“) zu schmieden, dessen schöne Gemahlin Xiao Qiao (Lin Chi Ling) einen der Hauptgründe für Cao Caos Invasion markiert. Auf die erste Schlacht folgt der Belagerungszustand. Die brüchige Allianz der zwangskoalierten Südreiche zieht sich vor dem usurpierenden Heer (und der gewaltigen Flottenverbände) des Nordens in eine Feste an den roten Klippen zurück. Im Vorlauf der zwangsläufigen Eskalation bemühen sich beide Lager um den strategischen Vorteil.
Mit Pathos und Heldentum schwillt „Red Cliff“ zum üppigen Schlachtengemälde an. Bei aller Dramatisierung (nach Bauweise großer Hollywood-Epen) und der gekonnten Darstellung überlebensgroßer Kämpfer (im realitätsfremden Geiste spektakulärer Hong Kong-Action) hält das schier detailversessen ausgestattete Spektakel die Waage zwischen Unterhaltung und Anspruch. Die Kurzfassung stört diese Ausgeglichenheit durch eine Übervorteilung blutigen Schlachtgetümmels. Die akribische Auslotung von Antrieb und Motiven, auch bezüglich des Erzschurken Cao Cao, kommt fast vollständig abhanden. Längen weist der Film zwar keine mehr auf. Aber mit ihnen geht einem großen Werk auch die Poesie verloren.
Wertung: (6 / 10)