In Hollywood hatte John Woo („Face/Off“) Fuß gefasst, durfte Blockbuster inszenieren und mit großen Stars drehen. Aber um welchen Preis? Der einst gefeierte Initiator des Heroic Bloodshed wurde in Tinseltown zum Auftragsarbeiter und fiel zuletzt nur noch durch Projektskizzen auf, die kaum die Planungsphase überstanden. Vor diesem Hintergrund wirkt „Red Cliff“, seine erste Regieleistung in der Heimat Hongkong seit 1992, wie ein Befreiungsschlag. In ihm wird das Feuer des leidenschaftlichen Filmemachers als prachtvolles Breitwand-Abenteuer neu entfacht.
Das zweiteilige Epos geht auf Luo Guanzhongs „Geschichte der drei Reiche“ zurück, die unter anderem auch Daniel Lees „Three Kingdoms“ inspirierte. Woo erzählt sie in altbekannter Variation, als Mär vom aufrechten Widerstand gegen einen brutalen Tyrannen. Der, namentlich Cao Cao (Zheng Fengyi, „Der Kaiser und sein Attentäter“), ist kriegstreiberischer Premierminister des Nordreiches und zieht, nachdem er zum alleinigen Befehlshaber des Militärapparates ernannt wurde, gegen die Herrschaftsverhältnisse des friedlichen Südens vor.
Erste Station seines Vernichtungsfeldzugs ist der Hof des gerechten Regenten Liu Bei (You Yong, „Election“), dem als Chance der Gegenwehr nur ein Bündnis mit dem benachbarten König Sun Quan (Chang Chen, „Tiger and Dragon“) bleibt. Dem geschickten Strategen Zhuge (Takeshi Kaneshiro, „The Warlords“) gelingt es eine Allianz mit Sun und dessen Truppenführer Zhou Yu (Tony Leung, „Hero“) zu schmieden, dessen schöne Gemahlin Xiao Qiao (Lin Chi Ling) Cao Cao um jede Preis besitzen will.
Wenn man der Handhabung des Stoffes eines ankreiden kann, dann die kategorische Gegenüberstellung von Helden und Schurken. Woo aber fixiert neben dem dramatischen Epos auch das große Spektakel. Während seiner Zeit in Amerika konnte er das Geschick für massentaugliche Unterhaltungskonzepte schärfen, was sich insbesondere im Einsatz der in Pathos schwelgenden Orchesterarrangements zeigt. Alles wirkt üppiger, größer, und dennoch tragen viele Szenen unverkennbar die Handschrift des Action-Maestros. Gestorben wird unter ihm noch immer bevorzugt in Zeitlupe, getaucht in ein wahres Meer aus Blut. Aber auch im Detail bleibt sich der Regisseur treu.
Liu Beis General Zhao (Hu Jun, „Infernal Affairs 2“) beispielsweise bekämpft mit des Königs Sohn auf dem Arm Scharen von gegnerischen Kämpfern, was unweigerlich Woos furiose Gunplay-Achterbahnfahrt „Hard Boiled“ in den Sinn bringt. Dazu zelebriert er den Heroismus überlebensgroßer Kämpfer, unter denen Realismus keine Chance hat. Fesselnd bleibt das Geschehen dennoch, selbst als die Überlänge in Truppenaufmärschen und Tigerjagd Anflüge von Langatmigkeit zeigt. Am Ende, wenn vor dem Belagerungszustand die erste Schlacht des Krieges geschlagen wurde, folgt der Verweis auf die Fortsetzung. Und auf die darf man angesichts des (visuellen) Einfallsreichtums durchaus gespannt sein.
Wertung: (7,5 / 10)