Die Weisheiten des vermutlich 479 v. Chr. verstorbenen Konfuzius sind in der ganzen Welt bekannt. Selbst wenn man sich nicht näher mit dem altchinesischen Gelehrten beschäftigt hat, so lässt ihre vage Kenntnis doch bereits den Kern seines Wesens erahnen. Mit großem Aufwand und staatlicher Unterstützung hat die in der Verfilmung historischer Stoffe bewanderte Regisseurin Hu Mei („Emperor Yong Zheng“) das Leben des großen Philosophen ausschnittweise auf Zelluloid gebannt. Um die Erfolgsaussichten zu mehren wurde selbst der Hollywood-Blockbuster „Avatar“ frühzeitig aus den Kinos der Volksrepublik verbannt. Nichts sollte die gebührende Aufmerksamkeit dieses Kunstwerks zu Ehren des chinesischen Volkes trüben.
Das Resultat allerdings fällt ernüchternd aus. „Konfuzius“ ist eine konventionell konforme Geschichtsstunde, die den von Superstar Chow Yun-Fat („A Better Tomorrow“) überzeugend gespielten Gelehrten, der eigentlich Kong Zi hieß, in den Kontext politischer Umbrüche stellt. Vermutlich war das Vertrauen in die propagierte Gleichmut als Motor eines bildgewaltigen Unterhaltungsfilms einfach nicht groß genug. Die Herkunft des Gelehrten wird in wenigen Halbsätzen abgehandelt, die Entwicklung zum berühmten (Vor-)Denker gar gänzlich ausgespart. Im Königreich Lu steigt er aufgrund seiner dem Wohlergehen des Volkes verpflichteten Weitsicht bald zum Minister auf. Anfeindungen und Missgunst seiner politischen Gegner sind unweigerlich vorprogrammiert.
Kong Zi will die Machtverhältnisse im gespaltenen Reich aufbrechen und eine Einheit schaffen, die den isolierten Kräften der etablierten Herrscher zuwider läuft. Seines Einflusses und seiner Ämter beraubt, wird er aus Lu verbannt und streift mit seinen Schülern und Untergebenen als mittelloser Wander-Philosoph durch die Lande. Die Faszination geht aber nicht vom bestenfalls grob umrissenen Charakter des großen humanistischen Denkers aus, sondern in erster Linie von der epochalen Verpackung und den beeindruckenden Breitwandbildern von Kameramann Peter Pau („Tiger and Dragon“). Konfuzius bleibt zwar das Zentrum der Erzählung, fungiert oft aber nicht als deren Triebfeder.
Kaschiert wird dies durch aufwändige, mit mäßigen Computereffekten versehene Schlachtszenarien sowie gehetzt wirkendes politisches Ränkespiel. Hu Mei scheint die Bedürfnisse aller Publikumszirkel befriedigen zu wollen. Nur bleibt das Dargebotene trotz aller Texterklärungen zu Zeiten und Menschen oberflächlich und vage. Auch verfügen die Nebendarsteller – wie Zhou Xun („The Banquet“) als mächtige Konkubine Nan Zi – nicht über den Raum, um dem souveränen Chow Yun-Fat adäquates Gegengewicht zu sein. So stehen die Weisheiten und Lehren von der Gleichheit und Achtung des Menschen ziemlich allein da. Zumal das Kalkül der gegenwärtigen chinesischen Machthaber, die Philosophie des Konfuzius für sich vereinnahmen zu wollen, schon einen bitteren Beigeschmack erhält. Da kann man Wladimir Putin ja gleich den Quadriga-Preis verleihen!
Wertung: (6 / 10)