„Try to be a little less than your frivolous self, 007.“ – Waffenmeister Q (Desmond Llewelyn) mahnt zur Ordnung
Die 60er sind stilistisch schlicht erhaben. Zeugnis darüber legt (auch) das Kino ab, in dem Autofahrten durch Rückprojektionen an der Realität vorüberzogen oder Szenen zur dramatischen Betonung einfach mit doppelter Geschwindigkeit abgespult wurden. Aber was soll’s? Das Ambiente dieser Dekade ist in Mode und Design so klassisch wie zeitlos. Auch darum sind die James Bond-Filme mit Sean Connery die besten der Reihe. Zwar blieben auch spätere Episoden Zeugnisse ihrer Zeit. Bei Roger Moore bedeutete das aber vor allem technische Neuerungen und größeres Ironie-Verständnis, während bei Timothy Dalton optisch spürbar die 80er erreicht waren.
„Feuerball“, Connerys vierter Einsatz als der Königin kühnster Spion, zeigt auch bei Maurice Binders bewährtem – und selbst nach dessen Tod im Jahre 1991 für die Reihe stilistisch verpflichtendem – Design der Titelsequenz die Glorie seiner Produktionszeit. Selbst wenn der von Tom Jones gesungene Titelsong eher zu den schwächeren der Serie zählt und vor allem textlich wieder arg dünne Bretter bohrt. Aber bei Bond geht es schließlich nicht um Tiefsinn, sondern um Kintopp. Dafür sorgt 007 bereits zum Auftakt, wenn er einen als trauerndes Weibsbild verkleideten Schurken nach dem Besuch der eigenen Beerdigung aufsucht und ihm nach etwas Gerangel das Genick bricht.
Die waghalsige Flucht gelingt Bond mit Raketenrucksack und ins Dienstfahrzeug integriertem Wasserwerfer. Und das höher, schneller, weiter, das der Vorgänger „Goldfinger“ endgültig zum Stilmittel erhob, ist damit längst nicht ausgeschöpft! Dafür sorgt bereits die Verbrecherorganisation SPECTRE, deren noch immer gesichtslose No. 1 Blofeld im High Tech-Hauptquartier in Paris am lebenden Objekt veranschaulicht, wie im Zirkel der ehrbaren Supergangster mit Verrätern verfahren wird. Daneben werden auch die Geschäftspraktiken des Syndikats offenbart, das mit Erpressungen, Entführungen und Drogenschmuggel Millionen anhäuft. Den jüngsten Coup leitet No. 2, der Augenklappe tragende Franzose Largo (Adolfo Celi, „Grand Prix“).
Er soll zwei Nuklearsprengköpfe in seine Gewalt bringen und von der britischen Regierung 100 Millionen Dollar verlangen. Dumm nur, dass Bond ausgerechnet in jenem Hospital seine Wunden kuriert, in denen die Schergen Largos (u.a. Luciana Paluzzi als Flintenweib Fiona Volpe) den Coup vorbereiten. In den sonnigen Breiten der Bahamas flirtet Bond bald heftig mit Largos Gespielin Domino (Claudine Auger, „Spion zwischen zwei Fronten“). Deren Bruder, ein NATO-Pilot, wurde von SPECTRE getötet und durch einen chirurgisch täuschend echt gestalteten Doppelgänger ersetzt. Der bringt während eines Übungsfluges die Atomraketen in die Gewalt von SPECTRE. Doch 007 hat Domino längst als (buchstäblich) heiße Spur ausgemacht und stellt Largo ungeachtet des gefährlichen Gefolges und einem Pool voller Haie nach.
Und das vor allem unter Wasser, wo der Regisseur Terence Young (hier letztmalig für Bond verantwortlich) unterstützende Ricou Browning („Flipper“) aufwändige Szenenfolgen und sogar eine finale Taucherschlacht dirigierte. Daneben präsentiert Connery den machohaften Elite-Agenten wieder mit enormer Spielfreude. Nach Anschlägen auf sein Leben ist er nie um flapsige Sprüche und das entblößen weiblicher Körper verlegen. Auch diese Huldigung des männlichen Patriarchats ist Teil der Swinging Sixties. Nicht zuletzt ihr Charme lässt „Feuerball“ – 1983 als inoffizielles Remake „Sag niemals nie“ abermals mit Connery in der Hauptrolle verfilmt – mit dem Niveau der ersten Bond-Abenteuer mithalten. Die brillante Überspitzung „Goldfingers“ wird dabei zwar nicht erreicht, ausreichend abgehoben und ideenreich ist das turbulente, mit einem Oscar für die Spezialeffekte prämierte Spektakel aber immer noch.
Wertung: (7,5 / 10)