Interview mit Die Dorks (November 2018)

Es mag tatsächlich Menschen geben, denen die Existenz der DORKS bislang verborgen blieb. Wie könnt ihr diesen unkundigen Individuen in wenigen Worten beschreiben, was euch als Band ausmacht?

Donald: Trinkfeste Bayern mit eigenwilligem Humor und politischem Engagement, die eine einzigartige Mischung aus Punk und Metal spielen, nachdem sie sich mit „Careless Whisper“ von George Michael aufgewärmt haben.

Anlässlich der Veröffentlichung eures sechsten Albums „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ drängt sich die Frage auf: Wie fühlt man sich, wenn man in keine Schublade mehr passt?

Donald: Schubladendenken wird überbewertet…

Lizal: Frei von jeglichem Zwang beim Liederschreiben, ohne den imaginären Feind der Kunst im Nacken, der einem sagt, wie man ein Lied zu schreiben hat.

Wie kam es zum kreativen, vor allem seit „Duschen auf Staatskosten“ spürbaren Veränderungsprozess? Ihr werdet vermutlich nicht eines Morgens aufgewacht sein und gedacht haben: „Ab jetzt mehr Metal!“ Oder doch?

Donald: Wir hören gerne verschiedene Musikrichtungen und finden einen gemeinsamen Nenner im Punk. Alles andere wird einfach mit verbaut. Nachdem Lizal die meisten Arrangements erstellt und sie ein großer Freund des Metals ist, werden unsere Songs halt immer metallastiger.

Seit „Duschen auf Staatskosten“ sind wir auch in einem anderen Studio. Das „Deep Deep Pressure Studio“ – dies gehört einem Freund und auch er hat einen starken Hang zum Metal und ich denke, das trägt auch einen Teil dazu bei, wie unsere Musik am Ende auf Platte verewigt wird.

Lizal: Där H. von den Deep Deep Pressure Studios in Braunau am Inn ist auch selbst aktiv in mehreren Bands aus dem Metal-Bereich. Aktuell bei PROFANITY, U.G.F und DISTASTE. Dieses Jahr im November ist er unterwegs in Brasilien, als Session-Bassist und Sänger von NERVECELL. Er ist bekannt für druckvolle und saubere Produktionen, nimmt sich viel Zeit für die Bands und nimmt dich als Musiker ernst.

Von ihm habe ich seit „Duschen auf Staatskosten“ stetig Tipps bekommen, wie und in welchem Bereich ich mich bis zur nächsten Plattenproduktion nochmals technisch verbessern kann. Wie der Donald schon sagt, Metal habe ich immer schon gerne gehört. Nachdem man ja nicht stehen bleibt und im Laufe der Jahre auch die eigenen Fähigkeiten am Instrument stetig weiterentwickelt, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich Metal-Elemente in unsere Lieder mit einfließen lassen konnte.

Zeitlich bedingt bin ich bis dato auch die Hauptsongwriterin bei den DORKS. Das liegt bei meinen Bandkollegen aber nicht an der Faulheit, sondern an unserem unliebsamen Nebenprojekt „reguläre Arbeit“, die sich leider nicht vermeiden lässt 😉 Ich habe mit Teilzeitjob ein wenig mehr Glück. Nur Musik zu machen, wäre ein Traum für alle, aber dafür sind wir vermutlich zu unangepasst.

Wie weit reichen die Einflüsse anderer Stile und Künstler auf „Der Arsch auf deinem Plattenteller“?

Donald: Ich befürchte, ich habe in den letzten Jahren Lizal zu viel von TOOL, GHOST und DEFTONES gezeigt. Seitdem wir als Band viel Zeit gemeinsam im Bandbus auf dem Weg zu Konzerten oder nach Hause verbringen, bei der wir Musik hören, kann es aber auch passieren, dass man so Sachen wie THE CURE, FRITTENBUDE, ANTILOPEN GANG, JAYA THE CAT oder PLACEBO hört.

Lizal: Mir war es sehr wichtig, auf „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ auch Donald an der Keytar viel mehr mit einzubeziehen als bei „Urlaub in der BRD“. Ganz klar, meine Lieblingsmucke ist  nach wie vor der klassische 80er Jahre Metal und 2-stimmige Riffs á la IRON MAIDEN, das hindert uns aber nicht daran die Musik zwischen drin auch mit poppigen Synthesizer-Elementen aufzufrischen und aufzulockern, ohne den Songs die nötige Härte  zu nehmen.

Sogar ein paar progressivere Elemente, Takt- und Tempiwechsel haben wir diesmal mit eingebaut. Donald zeigt mir immer sehr viel neue Musik und generell bin ich immer offen, mir alles mal anzuhören und den einen oder anderen Input aufzugreifen. Da ist mir auch erst mal komplett egal, aus welchem Genre das Musikstück kommt.

Primär bin ich aber ein großer Freund mehrstimmiger Kompositionen und auch vieler Solis. Sehr zum Leidwesen der anderen, da es dann natürlich auch komplizierter wird bei den Proben, weil man sich so viel merken muss. 😉

Wie sehr nervt euch die Frage, ob eure Musik noch als Punk bezeichnet werden kann?

Donald: Ich glaube, die Frage hat mich noch nie genervt. Man muss es ja nicht Punk nennen. Wir selbst haben uns auf Metalpunk geeinigt, da wir auch keine bessere Kategorie gefunden haben. Irgend nen Schmarrn wie Grindpopschlager wollten wir es dann auch nicht nennen. Denke Metalpunk kommt da am Nähesten hin.

Lizal: Nervig finde ich nur Menschen, die dann behaupten, wir wären für sie nicht mehr Teil einer Subkultur, nur weil wir Musik machen, die vielleicht nicht in ihre engstirnige Vorstellung von Punkmusik passt. Punk wird ja schon anhand unserer Einstellung und gesellschaftskritischer Texte immer zu uns passen und es ist ja auch Punk, Musikstücke ohne Regeln bzw. Schubladenkategorisierung zu schreiben.

Der Heavy Metal kam hinzu, also nennen wir es eben Metalpunk. Es ist mir egal, wenn jemand sagt, ihm gefällt das alte Zeug von uns besser, weil sowas ja immer Geschmackssache ist. Schlimmer wäre es, wenn wir uns aufgrund dessen verbiegen und andere Musik machen würden, nur damit es bei XY gut ankommt aber uns selbst nicht mehr gefällt.

Am meisten nervt der zunehmende Rechtsdrift in Deutschland, Europa und anderen Teilen der Welt. Gewinnt die Musik in Zeiten wie diesen an Bedeutung – immerhin kann sich der Punk wieder als echte Gegenbewegung betrachten?

Donald: Dazu müsste man halt auch die Hörer haben. Ich finde es gut und wichtig, wenn Bands, die Gehör finden, politisch auftreten. Politischer Pop oder sowas wie KRAFTKLUB haben nun mal eine viel weitere Streuung als die meisten Punkbands, die hauptsächlich Musik für die Szene machen – ist auch cool, aber für die Gegenbewegung müssen wir alle gemeinsam auf der Straße sein, wenn man sich gegen das Erstarken des Nazigedankenguts wehrt.

Lizal: Wie Donald schon sagt, Punk- oder generell unbekannte Underground-Bands haben leider nicht die nötige Reichweite, um überregionales Gehör zu finden. Ich habe neulich auch gelesen, dass Micky Krause und Stefanie Hertel gesagt haben sollen, wieso es eigentlich noch kein Schlagerfestival gegen Rechts gibt.

Es wäre wichtig, dass sich bekannte Künstler, unabhängig des Genres, klar in der Öffentlichkeit gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit positionieren und Konzerte veranstalten. Gerade die älteren, konservativen Mitbürger schenken wohl leider einem Florian Silbereisen mehr Gehör als einem bunthaarigen, tätowierten mit seiner nonkonformen Krawallmucke.

„Musikantenstadel gegen Rechts“ hätte ich nichts dagegen einzuwenden. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn ein Schlagermusiker, und im Anschluss eine Punkband gemeinsam auf der Bühne stehen, wenn die Veranstaltung dazu gedacht ist, ganz klare Kante gegen rechtsradikales Gedankengut zu zeigen.

Vor allem in Thüringen und Sachsen lässt sich derzeit ein Trend erkennen, linke Subkultur systematisch zu verdrängen. Erstaunlicherweise wird dieser nicht allein von der AfD, sondern immer häufiger auch der CDU befeuert. Wie nehmt ihr diese Entwicklung auf euren Konzertreisen in den Osten der Republik wahr?

Donald: Na dieser Bernd Höcke wollte schon eines unserer Konzerte verbieten lassen und es war ihm nicht zu schade, das mit allen anderen Politikern im Thüringer Landtag zu diskutieren… Anscheinend hat er nichts Besseres zu tun… dieser Bernd…

Lizal: Soweit wir das mitbekommen haben, hat ja auch die CDU im Thüringer Landtag einen Antrag gestellt, und wollte das „Aufmucken gegen Rechts“ in Mühlhausen ebenfalls verbieten lassen. Wir bekommen es eben auch nur aus Erzählungen auf unseren Konzertreisen mit, aber manchmal bekommt man dabei echt das Gefühl, als hätten alteingesessene CDUler Angst vor der AfD.

Und damit sie sich nicht mit denen auseinandersetzen müssen, wollen sie dann lieber Gegenveranstaltungen verbieten. Bauhaus Dessau als öffentlicher Veranstalter ist ja auch noch ein gutes Beispiel, wie weit einen die Angst treiben kann. Dort wurde ja auch das Konzert von FEINE SAHNE FISCHFILET Angst vor Demos seitens Rechts abgesagt. So weit sind wir schon gekommen, dass öffentliche Veranstaltungsorte sich von diesen rechten Schwachmaten terrorisieren lassen.

Durch die AfD wird die Grenze zwischen freier Meinung und gefährlicher Hetze kalkuliert aufgeweicht, so dass ein differenzierter Diskurs kaum mehr möglich scheint. Wie kann dieser gesamtgesellschaftlichen Entwicklung aus eurer Sicht begegnet werden?  

Donald: Einen Masterplan gibt es da ja leider noch nicht. Mir ist es aber wichtig, mit der Mitte der Gesellschaft zu diskutieren. Den Leuten in meinem Umfeld zu sagen, dass nicht jeder Flüchtling kriminell ist, sondern dass das eher die Ausnahme ist. Arschlöcher gibt es überall: In Deutschland, Japan, Syrien, unter Christen, Moslems, Hip-Hoppern und auch Punks.
Leider wird halt der komplette Unmut der Gesellschaft auf die Flüchtlinge geschoben und man gewinnt Wähler, wenn man dagegen hetzt.

Die Leute müssten endlich mal kapieren, dass es „uns“ wegen Börsenspekulanten, Miethaien und Wirtschaftsbossen, die Einfluss auf die Politik haben, „schlechter“ geht – das ist halt nichts Neues und das ist schon immer so, also tut man nichts dagegen, blendet diese Problematik aus und wählt weiterhin konservativ oder gar aus Protest rechts und ärgert sich über greifbare Hilfsbedürftige, dass angeblich wegen denen weniger Geld am Konto landet.

Und am Schluss muss ich vielleicht sogar noch dazu sagen: Bildung ist wichtig! Lest Geschichtsbücher und hört eurer Sozialkunde- und Geschichtslehrer_in im Unterricht zu! Vertraut auf ein Lexikon und nicht irgendwelche alternativen Fakten!!

Lizal: Auch wenn es viele Linke gibt, die sagen, sie diskutieren nicht mehr mit potentiellen AfD-Wählern, weil es nichts bringt, so kann ich das gesagte vom Donald auch 1:1 unterschreiben. Der Diskurs mit seinen Mitmenschen ist Tag für Tag aufs Neue wichtig und auch das Hinterfragen, was sie denn dazu bewegt, so eine Partei wählen zu wollen.

Es kann schon was bringen mit den Leuten zu reden. Die meisten, die ich kennengelernt habe, springen einfach auf Geschichten auf, die sie von ihren Nachbarn oder alternativen Fakten im Netz aufgeschnappt haben. Es ist leider verdammt einfach, Menschen damit dazu zu bringen, eine voreingenommene Meinung zu entwickeln.

Und dieses Phänomen ist nicht nur in der sogenannten Unterschicht zu finden. Rassistische Ressentiments finden sich heutzutage in allen Gesellschaftsschichten wieder. Deswegen: Reden, die Leute aufklären über den Populismus den eine Partei wie die AfD verbreitet, ist verdammt wichtig.

Mit dem erwähnten AfD-Gesinnungsvorturner Björn Höcke habt ihr in Thüringen kürzlich sogar einen prominenten „Fürsprecher“ hinzugewonnen. Welches Echo hat die Gratis-Werbung auf beiden Seiten des politischen Spektrums erzeugt?

Donald: Ich weiß grad gar nicht, ob dadurch unsere Verkaufszahlen an T-Shirts gestiegen ist – da hat Lizal den Überblick 😉

Lizal: In den Folgetagen nach Post dieses Videos hatten wir viele neue Aufrufe auf unsere Fuckbook-Seite. Und ja, bestellt wird auch fleißig bei uns im Shop zurzeit. Ich hoffe aber sehr, dass das nicht nur an diesem komischen „Bernd“ liegt, sondern an unserem Fleiß, nach zwei Jahren schon wieder eine neue Platte am Start zu haben 😉

Leider werden ja trotzdem die Digital-Downloads immer mehr, und die echten CD/Vinyl-Verkäufe immer weniger. Ich finde die Möglichkeit von Streaming gut, um neue Sachen zu entdecken. Trotzdem: Supportet eure Band ihr Ficker, und kauft den Scheiß bei uns oldschool im Shop, damit wir unseren Producer „Där Haidinger“ wieder sinnlos reich machen können!

Auch „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ wurde in den Deep Pressure Studios in Braunau am Inn aufgenommen. Ist es Zufall, dass eure jüngsten Werke ausgerechnet in der Geburtsstadt Hitlers entstanden?

Donald: Es ist auf jeden Fall nicht beabsichtigt. Es ist ein Katzensprung nach Braunau. Ich habe dort sogar einige Jahre gewohnt. U.a. dadurch kannte ich auch vom Feiern an den Wochenenden den Besitzer des Studios.

Lizal: Ins neue Studio nach Braunau gelangten wir mit viel Glück durch etwas Pech im Vorfeld. Wir hatten vor „Duschen auf Staatskosten“ ja immer nur Live-Aufnahmen und wollten für die Zukunft etwas professionelleres. Der erste Versuch, wo wir es probierten, war leider ein dezenter Griff ins Klo und die Aufnahmen nicht brauchbar.

Domi, einem Freund aus Burghausen, sind wir heute noch dankbar, dass er uns dann die Deep Deep Pressure Studios in Braunau empfohlen hat. Es hat sofort gepasst und das erste Aufnahmeergebnis war ein Traum. Nach mittlerweile drei Platten kann man sagen, dass wir ein eingespieltes Team sind und Där H. schon weiß, welche Wünsche und Vorstellungen wir von einer professionellen Aufnahme haben.

Als Gaststimme für „Zu fett für deine Lederjacke“ konnte Ober-KASSIERER Wölfi rekrutiert werden. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Lizal: Wir haben ja schon ein paar gemeinsame Konzerte mit den KASSIERERN hinter uns und haben uns auf Anhieb recht gut verstanden. Wolfgang war dann auch gleich dabei, als ich ihn gefragt habe, ob er einen Song mit uns einsingen will. 😊

Textlich geht es auf „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ – neben klaren politischen Statements – vermehrt um euch und eure Musik. Habt ihr manchmal das Gefühl, euch für die Weiterentwicklung der DORKS rechtfertigen zu müssen?

Lizal: Rechtfertigen könnte man sich theoretisch immer. Wenn du heute nach links gehst, sagen sie morgen, nimm den rechten Weg und andersrum. Ich kann über verbohrte und engstirnige Musikkonsumenten nur lachen und bin froh, dass wir uns selbst nicht mehr der „3 Akkorde Maßeinheit“ unterwerfen. Musik muss aus deinem Herzen kommen, dem einen gefällt‘s und dem anderen nicht, wichtig ist nur dass DU das bist was man auf der Platte hört!

Donald: Ich lenke jeden noch so kleinen Groll auf meine Keytar ab und lade die Akkus mit purem Hass!

Zu „Der Arsch auf meinem Plattenteller“ habt ihr ein irrwitziges Video gedreht. Was könnt ihr über die Produktion des Clips erzählen?

Donald: Ich konnte endlich mal professionell arbeiten, weil keiner der DORKS anwesend war. Für zwei Szenen brauchte ich Lizal und der Rest wurde professionell von Haidinger durchgeführt. Auch bei den Special-Effects hatte ich meine Ruhe, da ich vieles an meinen derzeitigen Praktikanten „Vogel“ abwälzen konnte.

Somit wurden bei diesem Videodreh endlich mal meine Nerven geschont und ich kann mich mit voller Energie auf die nächsten Projekte konzentrieren, bei denen die Band wieder meinen wird, dass wir feiern statt arbeiten.

Nee, ganz so schlimm ist es dann auch wieder nicht. Ich mach die DORKS-Sachen ja wirklich alle gern, da man sich da übelst austoben kann und ich glaube, das erkennt man an den Videos, CD-Artworks und anderen Designs.

Was sind eure Pläne für die (nahe) Zukunft?

Donald: Auf der Bühne stehen und die Keytar fingern. Bald wieder an neuen Songs arbeiten, damit ich dann wieder ein tolles CD-Artwork basteln kann. Also eigentlich das, was wir eh immer tun… irgendwie verstörend alltäglich…

Lizal: Auch Routine kann Spaß machen. 😉 Aber für das nächste Album wünsche ich mir ein Keytar-Solo im DEEPPUPRLE-Style vom Donald, um alle Hater und Schubladendenker noch mehr zu verstören. 😉

Und auch die letzten Worte gebühren euch…  

Donald: Weil ich komischerweise schon öfter gefragt wurde: Ja, das sind Haare aufm Arsch vom neuen CD-Cover. Was ihr mit der Info anfangt, bleibt euch selbst überlassen.

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