Sich auf alte Stärken zu besinnen, ohne einer Weiterentwicklung entgegenzuwirken, ist im Punk durchaus als Kunstfertigkeit zu erachten. I AGAINST I brachten es fertig, das melancholische Hitpotential ihres ersten Albums „Headcleaner“ aufleben zu lassen und gleichzeitig die rockigere Note des Zweitwerks „I´m a Fucked Up Dancer…“ auszubauen. Ihre selbstbetitelte dritte Platte entstand in einer Zeit der Unbefangenheit. Der viel versprechende Kontrakt mit Epitaph Records lief nach (nur) zwei Alben aus, wobei deren letzte unverständlicherweise nicht einmal außerhalb Europas zugänglich gemacht wurde.
Für die Holländer aber hatte sich das Signing beim namhaften US-Label ausgezahlt. Sie hatten die Welt gesehen, mit den ALL/DESCENDENTS-Recken Stevenson und Egerton im Studio gearbeitet und mit großen Namen die Bühne geteilt. Dass ihr nächstes Album nur in den Benelux-Staaten veröffentlicht wurde, ist darum nur umso bedauerlicher. Die sympathische Band, der als Verstärkung ein zweiter Gitarrist zuflog, erfand das Rad des melodischen Punks selbstverständlich nicht neu, als sie anno 2005 ins Studio zog und 14 weitere Songs aufnahm.
Durch sie jedoch wird eine Spielfreude freigesetzt, die geradezu ansteckend wirkt. Es greift die hohe Kunst des so überschaubaren wie eingängigen Musizierens, das mit bewährten Mitteln Stimmung erzeugt. Abwechslungsreicher denn je, mit starken Variierungen des Tempos, der vokalen Tonlagen, unter Einbeziehung von Piano und enorm hymnischen mehrstimmigen Refrains, bereichern sie das Genre und stellen mit „Calm Down“, „Could Be Wrong“ oder dem ungewohnt ausufernden „Once Again“ Hits von großem Kaliber. Im Wechselbad der Gefühle kommen I AGAINST I selbst mit klassischen Punk-Balladen („Gone“, „The Defeat“) durch und begeistern von Anfang bis Ende. Schade nur, dass diese hohe Schule des melodischen Punk-Rocks keinem größeren Publikum zugänglich gemacht wurde.
Wertung: (8 / 10)