„Hard Boiled“ ist der Zenit im Schaffen des John Woo. Mit der zweistündigen Achterbahnfahrt durch Cop- und Gangster-Thriller schuf der ´Mozart der Zerstörung´ den ultimativen Actionfilm und löste damit endgültig sein Ticket nach Hollywood. Verwundern mag das wenig, webt er doch klassisch amerikanische Elemente in sein stilbildend blutverschmiertes Oeuvre ein. Um eine schlüssige Geschichte, geschweige denn narrative Stringenz kümmert er sich wenig, ebenso um glaubhafte Figuren und deren Entwicklung. Der Regisseur erlaubt sich den Luxus der Übertreibung und fährt eine bleihaltige Mischung aus Don Siegel, Martin Scorsese – und eben John Woo auf.
Genre-Star Chow Yun-Fat, den Woo mit „A Better Tomorrow“ zur Ikone einer ganzen Generation stilisierte, spielt den Superbullen ´Tequila´ Yuen als Sublimierung der Coolness. Er ist der Superlativ eines Dirty Harry, der impulsiv hitzköpfige Draufgänger mit flinkem Finger am Abzug. Zu Beginn spielt er Klarinette in einer Jazz-Bar. Wenig später tauscht er Musik- gegen Tötungsinstrument, wenn es in einem Teehaus gilt einen Waffendeal zu unterbinden. Die Folge ist ein furioser Auftakt, wie er den meisten Actionfilmen als Höhepunkt genügen würde. Für Woo ist er lediglich der Startschuss zu einem infernalischen Bleigewitter, das wahrlich seinesgleichen sucht.
Der legendäre Einsatz von Zeitlupen und der enorme Komparsenverschleiß reißt in sich überschlagenden Ereignissen weit mehr als 100 Chargen in den gespielten Tod. Der simple Plot dreht sich um Tequilas Kampf gegen Waffenschieber Johnny Wong (Anthony Wong, „Internal Affairs“), bei dem er dem verdeckten Ermittler Tony (Tony Leung, „Chunking Express“) in die Quere kommt. Es dauert seine Zeit, bis die unterschiedlichen Männer auf der gleichen Seite des Gesetzes ihre Ähnlichkeit erkennen. In einem Krankenhaus, das Wong als Umschlagplatz seines schmutzigen Geschäfts dient, kommt es zum verlustreichen, bald halbstündigen Showdown.
Woo zelebriert „Hard Boiled“ als Adrenalin pumpenden Geschwindigkeitsrausch, bei dem keine Zeit ans Nachladen verschwendet wird. In Slow Motion werden Körper blutig von Kugeln zerfetzt, während alte Werte wie Loyalität, Freundschaft und Ehre gepriesen werden. Der Frauenpart in dieser von schießwütigen Männern dominierten Welt geht an Teresa Mo („Touch and Go“), die als Tequilas Kollegin und (mehr angedeutete) Geliebte auftritt. Der mangelnde Realitätsgehalt steht dem packenden, stark gespielten Thriller nie im Wege. So trifft „Mean Streets“ auf „Die Hard“ in einem der besten Actionfilme aller Zeiten.
Wertung: (9 / 10)