Fear the Walking Dead (Season 2.2) (USA 2016)

„I want to be where the dead aren’t monsters.“ – Nick

Die erste Hälfte der zweiten Staffel von „Fear the Walking Dead“ ließ selbst bei eingefleischten Zombie-Fans Ernüchterung aufkommen. Die Dramaturgie des ebenfalls von Gale Anne Hurd („The Abyss“) und Comic-Autor Robert Kirkman produzierten „The Walking Dead“-Ablegers erwies sich als dünn, die Zuspitzung der aufgeworfenen Konflikte als klischeehaft. Besser wurde es erst gen Ende, als die vermeintliche Zufluchtsstätte einer mexikanischen Hazienda in Rauch aufging. Die Erwartung an die Fortsetzung erwies sich dennoch als gering. Doch das Folgekapitel belohnt die Geduld mit der bis dahin stärksten Phase der Reihe – und entwickelt dabei streckenweise eine Intensität, die der Mutter-Serie längst abhandengekommen scheint.

Nach dem verheerenden Feuer ist die Patchwork-Familie um Madison Clark (Kim Dickens) versprengt. Der Auftakt der Halbstaffel konzentriert sich zunächst auf ihren von den Untoten faszinierten Sohn Nick (Frank Dillane). Der begibt sich, stets mit tarnenden Eingeweiden beschmiert, auf einen beschwerlichen Weg ins Ungewisse. Im unwirtlichen Hinterland muss er schnell feststellen, dass die Straßen nicht sicher sind. Die Gefahr geht dabei, man kennt das insbesondere von Genre-Wegbereiter George A. Romero, weniger von den umherstreifenden Zombie-Horden aus. Trotz gängiger Thesenvertretung – der Mensch als das wahre Monster – bleibt die erste Epsiode mit erzählerischer Nähe zum Indie-Film ein Höhepunkt. Lakonisch und entschleunigt begleitet der Zuschauer Nick auf seiner Odyssee, während der er seinen eigenen Urin trinkt und Aas-Reste verspeist.

Da es so aber unmöglich dauerhaft weitergehen kann, wird er schließlich von der spröden Luciana (Danay Garcia, „Prison Break“) aufgegriffen und in eine Siedlung am Stadtrand von Tijuana gebracht. Dort hat der vermeintlich gegen die Untoten-Infektion immune Arzt Don Alejandro (Paul Calderon, „King of New York“) das Sagen. Er nimmt Ex-Junkie Nick mit offenen Armen in Empfang und führt ihn in eine Welt aus strengem Glauben und seltsamen Opferritualen ein, bei der sich Todgeweihte zum Schutze des Kollektivs in Zombies verwandeln lassen. Die Kehrseite bilden Gangs, die früher mit Drogen handelten und sich jetzt Nahrung und Ausrüstung teuer entlohnen lassen. „Fear the Walking Dead“ wird damit existenzialistischer, wobei die Gefahr durch die Wiedergänger deutlich größer als bei „The Walking Dead“ erscheint.

Dass die Serie insgesamt deutlich an Qualität zulegt, liegt auch an Madison, die mit Tochter Alicia (Alycia Debnam-Carey), der rasch allein weiterziehenden Ofelia (Mercedes Mason) sowie Victor (Colman Domingo) nach ihren versprengten Gefährten sucht. Dabei stoßen sie auf einen Hotelkomplex am Meer, in dem zwei durch eine blutig eskalierte Hochzeitsfeier verfeindete Parteien hausen. Ein inszenatorischer Höhepunkt offenbart sich bereits bei der Erkundung des verzweigten Gebäudes: Victors dissonantes Klavier-Geklimper lockt Untote an, die aus höheren Stockwerken einfach von den Balkonen stürzen. Zwar gelingt es Madison, die Bewohner des Hotels auf Basis eines strengen Regelkatalogs zu einen, verborgen bleibt die Zufluchtsstätte aber auch anderen nicht.  

Dass neben der Spannung auch der Härtegrad zunimmt, zeigt der Handlungsstrang um Madisons Lebensgefährten Travis (Cliff Curtis). Der begibt sich mit seinem zunehmend unkontrollierbaren Teenager-Sohn Chris (Lorenzo James Henrie) auf einen Weg ohne Ziel. Als sie auf drei junge, wenig zimperliche Zweckgefährten stoßen, muss Travis erkennen, dass er keinen Einfluss mehr auf seinen Sprössling hat. Die daraus folgenden Konsequenzen wirken auf das Fortleben sämtlicher Beteiligter ein. Dass sich deren Pfade neuerlich kreuzen, scheint absehbar, wird diesmal ungeachtet einer günstigen Zufälligkeit jedoch deutlich glaubhafter erörtert. Die sehenswerten Darsteller, allen voran Dillane und Dickens, haben daran maßgeblichen Anteil.     

Insbesondere Richtung Finale, wenn neben Travis auch Maddy endgültig in der neuen Weltordnung angekommen scheint, wird der Gewaltanteil hochgeschraubt. Doch selbst wenn die Eskalation vereinzelt schockierend deftig wirkt, der erzählerische Fokus ruht weiterhin auf den persönlichen Belangen der Figuren. Action bleibt entsprechend dosiert eingesetzt, durch die Spaltung der Gruppe und den damit verbundenen Variationen des Settings erhält die Erzählung aber spürbar mehr Dynamik. Somit erfolgt endlich die notwendige Steigerung zum oft durchwachsenen Vorlauf. Für die Zukunft der Geschichte macht dies Hoffnung. Entscheidend ist allerdings, in welche Richtung der abschließende Cliffhanger die Reihe führen wird.  

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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