„Dark times call for extreme measures.“ – Jeanine Matthews
Freier Wille ist gefährlich. In der postapokalyptischen Gesellschaft von „Die Bestimmung“ ist nur Platz für Menschen, die aufgrund persönlicher Merkmale in eine von fünf definierten Fraktionen passen. Was nicht konform erscheint, verbreitet Angst. Dass das so bleibt, liegt in der Verantwortung von Jeanine Matthews (Kate Winslet, „Zeiten des Aufruhrs“). Als Vorsteherin der Gelehrtenkaste soll sie im Interesse von Sicherheit und Frieden handeln. Doch gilt ihr Bestreben vorrangig der eigenen Machterweiterung. Zu diesem Zweck wollte sie am Ende von „Divergent“ mit Hilfe des manipulierten Militärapparates die politische Elite auslöschen. Die in kein Profil passende Tris (Shailene Woodley, „The Descendants“) konnte das Massaker zwar stoppen, musste mit dem aufrechten Four (Theo James, „Ich sehe den Mann deiner Träume“) und weiteren Überlebenden aber aus der befestigten Stadt fliehen.
Ein gewaltiger Erfolg war die Verfilmung des ersten Bandes von Veronica Roths Teen-Dystopie nicht. In den USA spielte „Divergent“ rund 150 Millionen Dollar ein. Bei Produktionskosten von 85 Millionen Dollar ein zwar respektables, jedoch kaum herausragendes Ergebnis. Vor allem nicht im direkten Vergleich mit „Die Tribute von Panem“, der gegenwärtig einträglichsten Jugendbuchadaption. Die Fortsetzung „Insurgent“ hat durchaus das Zeug, den Vorgänger in kommerzieller Hinsicht zu überflügeln. Denn dem Gesetz der Serie entsprechend gibt es mehr Action, mehr Konflikt und mehr Dramatik. Dies umfängliche Mehr schließt aber auch Ungereimtheiten und Logiklöcher mit ein. Dafür wurde mit Robert Schwentke („R.I.P.D“) ein Regisseur verpflichtet, der den Zukunftsentwurf – anders als der nur noch produzierende Neil Burger – in angemessen wuchtige Bilder kleidet.
Jenseits des Schutzwalls finden die von Alpträumen geplagte Tris und ihre Begleiter (u.a. Ray Stevenson, „Rom“) Zuflucht in einer landwirtschaftlichen Kommune. Bereits durch sie wird das Kastensystem in Frage gestellt. Denn wenn die für die Speisung der Massen ins Umland gesandten Bauern in seliger Eintracht existieren können, vor wem oder was soll die Mauer dann schützen? Um die Sinnhaftigkeit des Plots ist es nicht zwingend gut bestellt. Also müssen visuelle Reize die Kohlen aus dem Feuer holen. Das funktioniert nach moderner „Stil vor Substanz“-Formel auch diesmal. Und weil Jeanine eine Botschaft der Vorväter aufgetan hat, mit der sie hofft, die durch divergente Gesellschaftsmitglieder entstandene Krise zu bewältigen, beginnt bald eine von Eric (Jai Courtney, „Spartacus) angeführte Treibjagd auf Tris und ihre Verbündeten. Denn um die Nachricht zu empfangen, braucht es ein Individuum, das Merkmale aller fünf Kasten in sich vereint. Wer das wohl sein mag?
Es geht merklich düsterer zu in der „Schönen neuen Welt“ eines unbestimmten Übermorgen. Abseits der bisweilen überraschend ruppigen Actionszenen liegt das auch daran, dass der sehenswert aufspielenden Kate Winslet mehr Raum gewährt wurde. Neben ihr empfiehlt sich Naomi Watts („The Impossible“) als Fours emsig den Widerstand ankurbelnde Mutter Evelyn für den Posten des durchtriebensten Alphatiers. Doch werden solche Aspekte wohl eher im (natürlich) zweiteiligen Finale „Allegiant“ verhandelt. Bei dessen Weichenstellung erwartet Tris eine emotionale Achterbahnfahrt. Freunde werden zu Feinden, Feinde zu Freunden und den gewaltsamen Verlust der Eltern – für aufwändig getrickste Visionen kehrt Ashley Judd („Heat“) als Mutter Natalie zurück – kontert sie mit Rachegelüsten. Die Darstellerriege, zu der auch Maggie Q („Stalker“), Mekhi Phifer („Lie to Me“) und Daniel Dae Kim („Lost“) zählen, agiert souverän. Inhaltlich ist „Insurgent“ zwar etwas dürftig, dafür geriet das Sequel aufgrund der stattlichen Bildgewalt insgesamt überzeugender als der Vorgänger.
Wertung: (6,5 / 10)