Manchmal lohnt es sich, das Bonusmaterial vor dem eigentlichen Film zu begutachten. Im Falle des via Koch Media erstmals ungekürzt angebotenen „Den Geiern zum Fraß“ führt das zur erhellenden Erkenntnis, dass Regisseur und Produzent Paolo Moffa („Die letzten Tage von Pompeji“) der Corman’schen Hausstrategie verfiel und am schmalen Budget nagende Actionszenen einfach aus anderen Werken mopste. Zu diesen zählen die von ihm selbst produzierten „Django – Schwarzer Gott des Todes“ und „Keine Gnade für Verräter“ (beide 1966) sowie „Lanky Fellow – Der einsame Rächer“ (1966) und „Pistoleros“ (1965). Um diese Sequenzen korrekt zuordnen zu können, muss man schon eingefleischter Kenner der Materie Spaghetti-Western sein.
Deutlich weniger Expertise genügt hingegen, um das integrierte Raubgut als das zu erkennen, was es ist. Denn der Schnitt holpert streckenweise stärker als ein Bollerwagen im Steinbruch und die Qualitätsunterschiede des Ausgangsmaterials springen dem Zuschauer mit gesteigerter Vehemenz geradewegs ins Auge. Diesem Niveau passt sich auch der Plot an, dessen Aufhänger ein einleitender, selbst geräuberter Postkutschenüberfall markiert. Während dem wird der etatmäßige Stuntman Giovanni Cianfriglia („Töte alle und kehr allein zurück“) ins Bild geschnitten, der es als Billy (the) Gun aber nicht bei diesem Coup belässt. Also raubt er mit seiner Bande eine Bank aus, in der die Armee 500.000 Dollar hortet. Natürlich sind auch diese Szenen „geborgt“, was sich leicht daran erkennen lässt, dass störende Dialogzeilen einfach vom soliden Score Nico Fidencos („Django – Melodie in Blei“) überlagert werden.
Captain Clive Norton (Craig Hill, „Das Todeslied von Laramie“) soll das gestohlene Vermögen auf Geheiß der Kavallerie wiederbeschaffen, verlangt jedoch die Beteiligung des ortskundigen El Chaleco (Ettore Manni, „Ringo mit den goldenen Pistolen“). Nur ist der ein zum Tode verurteilter Deserteur. Also muss er zunächst vom Galgen befreit und für die gute Sache gewonnen werden. Ein paar gescheiterte Fluchtversuche später sind die beiden ein Team und stellen Billy Gun mit vereinten Kräften nach. Erschwert wird das Unterfangen durch den Banditen Cordero (Francesco Santovetti), der die geplünderte Bank nach einem „heißen Tipp“ gleich noch einmal überfällt und dem gen Mexiko fliehenden Billy samt Verfolgern fortan selbst im Nacken sitzt.
Zu einer überzeugenden Einheit fügt sich das Low-Budget-Flickwerk nie zusammen. Das liegt auch daran, dass die von Moffa gedrehten Szenen häufig unnötig gedehnt wirken. Offenbar wird dies, neben schier endlosem Soldatenreiten, als das Heldenduo in Unterwäsche an Pfähle gebunden mit dem drohenden Tode hadert. Denn als eine Schlange auftaucht, wird jeder Anflug von Spannung dadurch ausgeräumt, dass das Reptil ohne Eile das Terrain erkundet. Blicke auf Ettore Mannis üppige Nasenbehaarung machen es nicht besser. Als die beiden letztlich von zwei zufällig vorbereitenden Männern gerettet werden, setzt es zum Dank ein paar Ohrlaschen mit anschließendem Kleidungsraub. Der Wilde Westen war eben ein hartes Pflaster.
In der zweiten Hälfte, wenn die Eigenleistung von Moffa und Autor Enzo Dell’Aquila („Sartana – Töten war sein täglich Brot“) zunimmt, driftet der Plot ins dramaturgische Nirgendwo: Billy ist plötzlich der Bruder von El Chaleco, jeder paktiert mit jedem und dass Cordero den gerissenen Norton samt Partner wiederholt am Leben lässt, verwechselt Schicksalsironie schlicht mit Idiotie. Auch die vereinzelt humoristischen Anflüge wollen (im Gegensatz zu den sporadischen Synchro-Kalauern) partout nicht funktionieren, so dass „Den Geiern zum Fraß“ ob seiner Herstellung bestenfalls als kurioser Genre-Beifang durchgeht. Dass Manni und der amerikanische Kollege Craig Hill ihre Sache ordentlich machen, bringt den Streifen auch nicht nach vorne. Das überschaubare Restpotenzial bleibt selbst beim theatralischen Messerkampf im Schlamm oder der makabren Galgenwippe unausgeschöpft, so dass über diese mäßig unterhaltsame Flickschusterei besser der Mantel des Schweigens gehüllt wird.
Wertung: (3,5 / 10)