Clanführer Barrett (Ettore Manni, „Ringo mit den goldenen Pistolen“) hat einen Farmer übers Ohr gehauen und ihn um sein gesamtes Geld gebracht. Als der Betrogene den gefürchtetsten Killer des Unholds, einen Revolvermann, dessen markantes Erkennungszeichen der silberne Sattel auf dem Rücken seines Pferdes ist, mit vorgehaltener Waffe zur Rede stellt, wird er erschossen. Der Mörder wendet sich ab, was den Jungen des Landwirts dazu veranlasst, ihm eine Ladung Schrot in den Rücken zu jagen. Darauf besteigt er das Ross seines Opfers und reitet davon.
„Silbersattel“ entstammt den späten Siebzigern, einer Zeit, als das Interesse am Italo-Western nur mehr ein marginales war. Wenige versuchten sich noch an der Erhaltung der desillusionierten Genremythen, ehe ihr Strom vollends versiegte. Umso erstaunlicher mag da erscheinen, dass ausgerechnet Lucio Fulci, der durch brachiale Horrorkost wie „Ein Zombie hing am Glockenseil“ oder „Über dem Jenseits“ berüchtigten Ruhm erlangte, die Fahne der europäischen Spielart dieser uramerikanischen Kinogattung in die Höhe reckte. Formal war sie ohnehin längst in der Gegenwart angekommen, was auch hier das Einbringen sichtbarer, teils blutiger Einschüsse und einem Soundtrack zwischen Tradition und Pop belegte.
Der Name des Jungen ist Roy Blood. Jahre später ist aus ihm der stattliche Giuliano Gemma („Blutiges Blei“) hervorgegangen. Der silberne Sattel des ersten durch seine Hand getöteten Mannes ist zu seiner Erkennungsmarke geworden. Roys Ruf eilt ihm voraus, scheut er doch kein Feuergefecht, um Gesetzlose vom Angesicht der Erde zu tilgen. Als er den Auftrag erhält, Thomas Barrett zu töten, ist er mit Eifer bei der Sache. Denn er trägt die Verantwortung für den Tod seines Vaters.
Aber es kommt anders, entpuppt sich das auserkorene Opfer doch als Barretts zehnjähriger Neffe (Sven Valsecchi, „Nené – Die Frühreife“). Roy lenkt um und erledigt die auftauchenden Attentäter mit gewohnter Präzision. Kaum der ersten Gefahr entronnen, sieht sich der Pistolero in die Wirren eines von Barrett gesponnenen Komplotts verstrickt. Denn der Tod des Jungen würde ihm den Zugang zu dessen Erbe ermöglichen. Die Handlanger des Schurken setzen alles daran, des kleinen Thomas in ihre Gewalt zu bringen. Der Silbersattel und sein Besitzer aber gedenken diesen Frevel nicht ungestraft geschehen zu lassen.
Gemma weicht, wie auch im vorangegangenen „Der Mann aus Virginia“ (1977), vom Typus des aufrechten Saubermanns ab. Zumindest anfangs. Die Versprechen der Einführung kann die Fortentwicklung aber nicht halten. Als Aufhänger des zerrissenen Charakters dient, wie so häufig, der Text des Titelsongs. Doch trägt dieser deutliche Schmalzlast, was in der schieren Endlosschleife seiner Wiederholung kaum zur Tiefenwirkung der Figur beiträgt. Die sich daraus speisende Verkitschung spezifischer Handlungsteile greift vor allem auf die Beziehung zwischen Roy und Thomas über. Das Kind als herzerweichender Faktor im Leben des zwar rechtschaffenden, doch mitunter arg gewaltbereiten Revolverhelden, wirkt reichlich flach.
Versehen mit zum Teil packender Action, fehlt es Fulcis drittem Spaghetti-Western an inhaltlicher Dichte. Der Plot wirkt unausgegoren, die Erzählung unzusammenhängend. In der Besetzung sticht der Amerikaner Geoffrey Lewis („Ein Fremder ohne Namen“) hervor, dessen Rolle des geschwätzig-gottesfürchtigen Leichenfledderers Snake die Ernsthaftigkeit der Ausgangssituation ein ums andere Mal entschärft. Das sorgt zwar für gesteigerten Unterhaltungswert, trägt im Endeffekt aber auch zum Ungleichgewicht des Films bei. Mehr als solider Durchschnitt bleibt letzten Endes nicht.
Wertung: (5 / 10)