Blood & Bones (J 2004)

blood-and-bonesTakeshi Kitano ist unumstritten ein Phänomen des asiatischen Films. Der Japaner tanzt liebend gern auf mehreren Hochzeiten, sei es nun als Komiker im TV oder aber als Filmemacher und Schauspieler auf der großen Leinwand. Letztere Aktivitäten stehen im kompletten Kontrast zu seinen TV-Auftritten. In seinen Filmen geht Kitano mit sich und seiner Umwelt nicht gerade zimperlich um. Berühmt berüchtigt sind seine Gewaltausbrüche. Dennoch werden seine Gangster-Filme wie „Hana-Bi“ oder „Sonatine“ von Publikum wie Kritik gleichermaßen gefeiert. Im Familiendrama „Blood & Bones“ des japanischen Regisseurs Yoichi Sai übernahm Kitano zwar „nur“ die Hauptrolle, drückt dem Film mit intensivem Schauspiel aber unweigerlich seinen Stempel auf.

Zu Beginn der 1920er Jahre flüchtet der Koreaner Shun-Pei (Takeshi Kitano) aus seiner Heimat Richtung Japan. In Osaka wird er heimisch und beginnt mit dem Aufbau einer eigenen Fischfabrik, die schnell Erfolg verbucht. Dies liegt an der unerbittlichen Härte gegenüber seiner Belegschaft, Familie und gesamten Umwelt, die er weder psychisch noch physisch schont. Seine Frau und Kinder sind dem Despoten tagtäglich ausgeliefert, was über die Jahre gerade bei seinen Kindern unbeschreiblichen Hass nährt. Die Situation eskaliert, als Shun-Pei die Familie wegen seiner Geliebten verlässt.

Mit „Blood & Bones“ gibt es einmal andere Kost des japanischen Superstars zu sehen. Nichtsdestotrotz wurde „Blood & Bones“ auf mehreren Filmfestivals gefeiert. Nicht zu Unrecht, denn die Darstellung von Kitano als Familien-Despot sucht ihresgleichen. Regisseur Yoichi Sai zeigt über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten das Auf und Ab einer Familie, die tagtäglich den Schikanen und Launen ihres Familienoberhauptes ausgeliefert ist. Kitanos Darstellung als Tyrann und Egomane, der niemanden neben sich auch nur ansatzweise duldet, ist herausragend. Mit seinem gewohnt distanzierten – aber ungeheuer eindringlichen – Spiel weiß der Japaner den Zuschauer zu fesseln. Ursachenforschung wird nicht betrieben, Gründe für jahrelange Prügel, Vergewaltigung und Schikane sucht man vergeblich. Man kann sie nur erahnen und vermuten. Das Leid erstreckt sich jedoch nicht nur über die Familie, sondern im Grunde auf seine gesamte Umwelt. Egal wie nah oder fern ihm ein Mensch steht, es gibt keinen Grund, keinen Moment, der auf so etwas wie Gefühle in ihm deutet.

Aufgrund seiner intensiven Darstellung verkommt alles um Kitano herum fast zur Staffage. Regisseur Yoichi Sai verzichtet auf Effekte und großes Brimborium, stattdessen zeigt er, wie man mit einfachen Mitteln große Wirkung erzielen kann. Die Laufzeit von etwa zweieinhalb Stunden kommt ohne Zeitsprünge nicht aus, Figuren kommen und gehen. Allerdings vermag man dem Geschehen immer zu folgen. Immer wieder streut Sai gesellschaftliche und politische Probleme der damaligen Zeit ein, vor allem hervorgerufen durch die koreanischen Emigranten, zu denen hier eben auch Kitano zählt. „Blood & Bones“ ist ein bemerkenswerter Film geworden, dem man sich trotz seiner kompromisslosen Darstellung über die gesamte Laufzeit nicht entziehen kann und dessen Thematik auch in der heutigen Zeit weniger fern ist, als manchem lieb sein dürfte.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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