29.10.2023 – Snuff / LIFEWENTPEAR – Düsseldorf, Pitcher

Da war sie wieder, die kindliche Vorfreude auf das erneute Live-Erlebnis einer Band, die unmöglich enttäuschen kann. Die Rede ist von SNUFF, jener britischen Punk-Kapelle, die früher zum Fat Wreck-Fundus zählte und ihre Platten heute bei SBÄM herausbringt. Die Spielfreude des Kollektivs um Sänger und Schlagzeugmaschine Duncan Redmonds erscheint auch nach fast vierzig Jahren des Bestehens ungebrochen. Dafür ist die Bläserfraktion gewachsen. So passte es im pickepackevollen Düsseldorfer Pitcher, dass nicht allein vor, sondern auch auf der Bühne reges Gedränge herrschte.

Vor dem Sextett stand zunächst jedoch ein Quartett, namentlich LIFEWENTPEAR. Die Rheinländer spielen ebenfalls Punk, allerdings mit einer üppigen Portion Indie versehen. Ob’s an den damit verbundenen Schwermutanflügen lag, dass sich der Pulk nur bedingt erwärmen ließ? Jedenfalls äußerte sich der Anklang weitgehend über verhaltenen Anstandsapplaus. Das erwies sich als durchaus bedauerlich, denn einerseits gab es an der Darbietung der Mannen nichts zu meckern (höchstens den abermals mäßigen Raumklang) und andererseits machte der mitunter an SAMIAM erinnernde Mix aus Knallgas und Melancholie (gespielt wurden u. a. „About About“ und „Roof Rabbit“) Lust auf mehr. Aber das sahen offenkundig nicht alle Anwesenden so.

Bei SNUFF fiel es im Anschluss deutlich leichter, einen Gefälligkeitskonsens zu erreichen. Denn Duncan & Co. sorgten vom Fleck weg für prächtige Laune und garnierten ein rund 90-minütiges Set mit den zu erwartenden, darüber aber keineswegs weniger vehement abgefeierten Schlusskrachern „Nick Northern“ und „Whatever Happened to the Likely Lads“. Davor und dazwischen setzte es humorige Ansagen, die sich wiederholt an den Stehtisch in der Nische neben der Bühne richteten, an dem auch TOTE HOSEN-Drummer Vom Ritchie das Treiben verfolgte. Mehr noch ließen die Musiker jeden Beitrag vom jüngsten Album, „Crepuscolo dorato della bruschetta borsetta calzetta cacchetta trombetta lambretta giallo ossido, ooooooh cosi magnifico!“ (2022), durch reges Buhen einläuten.

In Sachen Kurzweil war der Auftritt der Briten ohnehin nur schwer zu toppen. Dabei erwies sich auch der Sound als überzeugend. Anteil daran nahm Duncans Reibeisenstimme, deren gern geplärrte Ausführung verhinderte, dass sie im Mischmasch der Instrumente unterging. Ganz zu schweigen von der schier unerschöpflichen Ausdauer des Frontmanns im Hintergrund, der den Spagat zwischen Hochgeschwindigkeitstraktat des Schlagzeugs und Gesang auf abermals bemerkenswerte Weise meisterte.

Aber nicht nur er, auch der Rest der Band gab alles. Der Ska-Anteil, gerade der älteren Stücke, erhielt durch die dreiköpfige Bläserfraktion (zwei Posaunisten, eine Saxophonistin) üppiges Volumen und heizte die Bewegungsfreude vor der Bühne merklich an. Die Songauswahl tendierte u. a. mit „One of Those Days“, „Vikings“, „Sunny Places“, Caught in Session“, „Dippy Egg“ oder „Soul Limbo“ von alt bis brandneu, fand aber nahezu durchweg einzelne Menschen, die mit emporgereckten Armen mitgrölten. Wünsche blieben damit (fast) keine offen. Enttäuschung ist bei SNUFF-Livedarbietungen aber ohnehin ausgeschlossen.

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