Zehn Jahre war es (verhältnismäßig) still um NO TRIGGER. Dann, in 2022, waren sie plötzlich zurück; mit einem neuen Langspieler („Dr. Album“) und verändertem Sound. In dem nimmt der Pop-Punk nun die zentrale Rolle ein, worüber der Hardcore-Punk der früheren Schaffensphasen jedoch nicht vollends vergessen wird. Wie sehr die brachialere Note den Mannen aus Massachusetts noch immer anhaftet, verdeutlichte der Auftritt im Düsseldorfer Pitcher, bei dem das jüngste Material merklich ruppiger als auf Konserve aus den Boxe fegte. Der Nachteil der rund 80 Anwesenden war es mitnichten.
Das Vorprogramm bestückten, nicht allein zur Freude eines textsicheren Paares in Front der Bühne, MOBINA GALORE. Die beiden Kanadierinnen begannen pünktlich um halb acht (innerstädtischer Club, Wohngebiet, ihr wisst schon) – wenn auch bedauerlicherweise nur für eine halbe Stunde. Dabei präsentierte das Duo ein schickes Set, das u. a. „Vancouver“, „Dig Myself Out“, „Fade Away“, „Escape Plan“, „Whiskey Water“ und das akustische „Four Hours of Sleep“ umfasste. Dass der melodische Punk allein durch Gitarre und Schlagzeug Ausdruck erhält, ist live noch egaler als auf Platte. Denn von Reduktion kann, gerade gemessen an der Spielfreude und den zweistimmigen Gesangsparts, keine Rede sein. So verwunderte auch nicht, dass Drummerin Marcia einen Großteil des Auftritts mit breitem Lächeln absolvierte.
Nach einer sonnigen Bierpause im Freien enterten NO TRIGGER die für Frontmann Tom durch zwei angeflanschte Boxen vergrößerte Bühne. Fünf bewegungsfreudige Musiker schienen für die überschaubaren Bretter des rheinischen Club-Klassikers einfach zu viel. Mit den „Dr. Album“-Beiträgen „Take Your Time“, „No Tattoos“ und „Brainwashed“ ging es los wie die sprichwörtliche Feuerwehr. Der Pulk, in dem sich sehr zur Freude der Band trotz langer Deutschland-Abstinenz einige Fans fanden, war unverzüglich in Wallung. Bei der ansteckenden Präsenz der US-Ostküstler wäre alles andere auch einem Sakrileg gleichgekommen.
Apropos Kirchenvokabel: Mit Religion gehen NO TRIGGER gern ins Gericht. Mit rechter Gesinnung ebenso. Dass dabei auf ironischen Wegen relevante Themen adressiert werden, zeigte etwa die ans Publikum gerichtete Frage, wie viele Mitglieder von PENNYWISE wohl für Donald Trump votiert haben. Neben wortreichen Ansagen und Anekdoten (u. a. über Deutschland, den politischen Zustand ihrer Heimat und die Einnahme von Acid) wurden mit reichlich Druck Hits in Serie geschmettert; solche wie „Holy Punks“, „Commonwealth“, „Too High to Die“, „The (Not) So Noble Purveyors of the Third or Fourth Coming“, „Antifantasy“, „Tundra Kids“ oder das zwischendurch von Tom allein akustisch vorgetragene „Euro Coke“.
Der buchstäblich schweißtreibende Konzertabend strotzte förmlich vor vortrefflicher Stimmung und leidenschaftlichem Live-Einsatz. Beide Bands hätten gut und gern das doppelte Song-Kontingent präsentieren können und die Zuschauer*innen wären vermutlich noch immer hungrig geblieben. Der Vorteil des frühen Beginns (und vorzeitigen Endes) zeigte sich durch die immer noch scheinende Abendsonne, in die es u. a. auch NO TRIGGER-Gitarrist Jon zum munteren Plausch verschlug. Es sind eben meist die kleinen Konzerte, die den größten Erlebnisspielraum bieten.